Work & Winning „Wir sind in großer Sorge um die Industriearbeitsplätze im Freistaat“

„Wir sind in großer Sorge um die Industriearbeitsplätze im Freistaat“

Am Mittwoch (7. Mai) spricht vbw-Präsident Wolfram Hatz zur Eröffnung des Ludwig-Erhard-Gipfels am Tegernsee. Im Interview vorab erklärt er, was passieren muss, damit Deutschlands Wirtschaft wieder auf die Beine kommt. 

Ist Deutschland nur noch Mittelmaß?  

Derzeit leider ja. Wir haben eine konjunkturelle und eine tiefgreifende strukturelle Krise. Inzwischen ist ein massiver Stellenabbau in der Industrie in Gang gekommen, eine Folge der fortschreitenden De-Industrialisierung unseres Landes. Der Koalitionsvertrag macht uns Hoffnung, dass sich vieles zum Besseren wendet. 

Wie lautet Ihr wichtigster Appell an den designierten Bundeskanzler Friedrich Merz? 

Wirtschaftswende jetzt! Die neue Regierung muss mutig und schnell handeln. 

Bringt der neue Koalitionsvertrag einen echten Neustart?

Der Koalitionsvertrag von Union und SPD enthält ein Bündel Maßnahmen zur Sicherung des Wirtschaftsstandorts und setzt Wachstumsimpulse: Gut, wichtig und richtig sind zum Beispiel die Vorhaben zur Senkung der Energiekosten, der klare Fokus auf Technologie, das Bekenntnis zur Automobilindustrie sowie die ambitionierten Vorhaben zum Bürokratieabbau und zur umfassenden Digitalisierung der Verwaltung. Wir begrüßen auch sehr, dass die tägliche Höchstarbeitszeit durch eine flexiblere wöchentliche Höchstarbeitszeit ersetzt werden soll und dass der Vermittlungsvorrang beim Bürgergeld wieder eingeführt wird. Positiv ist auch, dass es keine Steuererhöhungen geben soll, sondern stattdessen Investitionsanreize. 

 In einer aktuellen Umfrage ist die AfD stärkste Kraft. Wie zukünftig mit dieser Partei und ihren Ideen umgehen? 

Wir warnen davor, auf rechte Parteien zu setzen, die nur Parolen, aber keine Lösungen anzubieten haben. Und wir machen allen klar, dass die AfD für die bayerische Wirtschaft kein Gesprächspartner ist. Es muss allen bewusst sein, dass die AfD anti-europäisch, anti-amerikanisch und pro-russisch ist. Auch mit ihrer völkischen Haltung steht die AfD in eklatantem Widerspruch zu den Überzeugungen der bayerischen Wirtschaft. Unsere Wirtschaft lebt von Internationalität und vom globalen Austausch. Dass Russland die Ukraine und ihre Bevölkerung seit nunmehr über drei Jahren mit Bomben und Drohnen terrorisiert, wird von der AfD bagatellisiert. Das zeigt die Gefährlichkeit dieser Partei, die mit ihren Positionen die Interessen Deutschlands und Europas verrät.

SPD und Union streiten über einen Mindestlohn von 15 Euro. Wie blicken Sie als Verbands-Präsident darauf?

Die Festlegung des Mindestlohns ist bei der Mindestlohnkommission in bewährt guten Händen. Das muss so bleiben. Wir warnen davor, beim Mindestlohn politisch einzugreifen und eine gesetzliche Regelung durchzusetzen. Das ist nicht nur gegen die Abmachung im Koalitionsvertrag, der die Unabhängigkeit der Mindestlohnkommission festschreibt, sondern das ist auch ein eklatanter Verstoß gegen die Tarifautonomie. Außerdem erleben viele Unternehmen und ihre Belegschaften derzeit multiple Krisen und stehen vor existenziellen Herausforderungen. Das Letzte, was die Unternehmen brauchen, sind zusätzliche und überproportionale Belastungen.

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