Life & Style Yukon Arctic Ultra: Robert Pollhammer veranstaltet in Kanada den härtesten Wettlauf der Welt

Yukon Arctic Ultra: Robert Pollhammer veranstaltet in Kanada den härtesten Wettlauf der Welt

Bären, Elche, Wölfe

Aber Pollhammer versprach, er werde Teilnehmer finden, der Lauf der Region gute Presse einbringen und dass seine Läufer – große Sorge der Hundeschlittenleute – die Schneedecke der Strecke nicht zerstören würden, also keine Gefahr bestehe, dass sich die Tiere dort die Beine brechen. Am Ende hatte Pollhammer die Unterstützung einiger lokaler Größen, Helfer vor Ort und 27 Teilnehmer. Der erste, nun Montane Yukon Arctic Ultra getaufte Lauf konnte starten.

Der Yukon ist ein Mythos: Jack London, Goldrausch am Klondike River, 100 000 Glücksritter, großes Abenteuer, Grizzlys, Braunbären, Elche, Wölfe. Früher lockte der Fluss hoffnungsfrohe Männer auf der Suche nach Reichtum an. Heute kommen, angezogen von Bergen, unberührter Natur, im Sommer Touristen – und im Winter niemand. Zumindest niemand bei Verstand. Ideale Voraussetzungen, damit ein paar Dutzend Bekloppte ungestört durch die Taiga rennen können.

Genau genommen ist der Yukon Arctic Ultra nicht ein Lauf, sondern ein Gemischtwarenladen des Wahnsinns: Man kann, als kürzeste Distanz, einen einfachen Marathon durch Schnee und Eis rennen. Aber auch 100, 200, 300 und 430 Meilen – umgerechnet fast 700 Kilometer. Die verschiedenen Distanzen werden auf dem Mountainbike, auf Langlaufski oder eben zu Fuß zurückgelegt. Es gibt keine Etappen, keine festen Unterkünfte, keine Routine, bloß ein paar Checkpoints bei in der Wildnis lebenden Familien oder an den Gemeindezentren kleinerer Orte. Verpflegung, Zelt, Equipment muss man in einem Plastikschlitten hinter sich herziehen.

Yukon
Vielleicht die wichtigste Regel in extremer Kälte: “Wer schwitzt, stirbt.“ Deshalb müssen die Läufer ihre Kleidung wie hier bei einer frühen Etappe des Yukon Arctic Ultra permanent an die klimatischen Gegebenheiten anpassen.

Die Wetterbedingungen machen das Ganze nicht einfacher. „Wir haben den kältesten Marathon veranstaltet, der jemals gelaufen wurde – mit minus 42 Grad. Das war besonders. Da hat auch nur einer das Ziel erreicht“, sagt Pollhammer. „Aber immerhin.“ Dazu kommt: Im Februar geht die Sonne über dem Yukon erst um 10 Uhr auf, um 17 Uhr ist sie wieder weg. Das bedeutet vor allem Rennen durch die Dunkelheit. „Im Durchschnitt sind unsere Teilnehmer 20 Stunden am Tag auf den Beinen und schlafen vier“, sagt Pollhammer. An Rennen im herkömmlichen Sinne ist da, wie er bei seiner eigenen Teilnahme feststellen musste, nicht zu denken. „Man nennt das ja Ultralauf. Aber eigentlich ist der Yukon Arctic Ultra eher eine Expedition.“

Anders gesagt: Der Yukon Arctic Ultra ist so extrem, dass 2017 das dritte Mal ein Mediziner der Berliner Charité das Rennen begleiten wird, um die Auswirkungen auf den menschlichen Körper zu untersuchen. Eigentlich ist der Arzt am Center for Space Medicine angesiedelt. Sein Ziel: zu sehen, wie Körper auf extreme Kälte reagieren, um abschätzen zu können, was Reisen zum Mars mit dem Menschen so anstellt.

Es ist aber nicht nur für den Körper totaler Irrsinn. Für die 100-Meilen-Strecke hat man drei Tage Zeit, ein fitter Wanderer schafft das ohne Probleme. Die Herausforderung liegt laut Pollhammer woanders: „Kälte und Einsamkeit. 70 Prozent, sagen unsere Teilnehmer, ist Kopfsache.“ Manchmal aber, sagt Pollhammer, wird es schlicht zu kalt. „Unser Rekord lag bei minus 57 Grad, da mussten wir dann auch die lange Distanz abbrechen, das war schon extrem.“

Vor allem aber macht der Yukon verrückte Sachen mit den Menschen. „Wenn man sich in der Natur bewegt, relativiert sich vieles. Alltagsprobleme kommen einem unwichtig vor. Und man merkt, dass man die Zeit, die man hat, doch dazu verwenden sollte, was einem Spaß macht“, sagt Pollhammer. Er hat Menschen gesehen, die nach dem Rennen ihren Job gekündigt und die Scheidung eingereicht haben. Er hat Menschen gesehen, die sich während des Laufs durch die arktische Wildnis verliebt und später geheiratet haben. Der Lauf am Yukon, durch die Kälte und die Nacht, bringt klare Gedanken. Oder wenigstens den Glauben, alles klarer zu sehen.

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