Productivity & New Work Dieses Tool sollte die digitale Filterblase platzen lassen – nun geht Facebook juristisch dagegen vor

Dieses Tool sollte die digitale Filterblase platzen lassen – nun geht Facebook juristisch dagegen vor

Am 24. September 2017 wird in Deutschland mal wieder gewählt. Der Tag der Entscheidung rückt also näher und damit auch die Gefahr politischer Manipulation über soziale Netzwerke. Der Brexit und die US-Präsidentschaftswahl im letzten Jahr haben bereits gezeigt, wie gerade über Facebook Wähler massiv beeinflusst werden können. Wie? – Auf Facebook sorgen Algorithmen dafür, dass in den Timelines der User nur solche News angezeigt werden, die Facebook aufgrund des bisherigen Onlineverhaltens als interessant für den Nutzer erachtet. So entsteht eine selbsterschaffene Filterblase, die die eigene bestehende Meinung bestärkt und konträre Sichtweisen ausblendet. Datenanalysten können zudem anhand von gesetzten Likes ein psychologisches Profil jedes Nutzers erstellen. Dieses wird dazu verwendet, um Dark Posts auszuspielen. Dabei handelt es sich um Facebook Posts, die gezielt die Erwartungshaltung des Nutzers bedienen und ihn so empfänglicher für die Botschaft machen. Diesen Mechanismus, die sogenannte „Daten-getriebene Verhaltensänderung“, könnten sich – wie in den USA und Großbritannien nach Aussage von Datenanalyse-Firmen bereits geschehen – auch Parteien in Deutschland zunutze machen.

Damit sich also bei der anstehenden Bundestagswahl kein ähnliches Desaster wie bei den Kollegen in den Staaten wiederholt, hat die Agentur GREY für Orange by Handelsblatt, dem jungen Portal des Wirtschaftsverlages, ein Browser-Plugin entwickelt, das eine solche Manipulation verhindert, indem es die digitale Filterblase platzen lässt: den Data Corrupter. Jedes Mal, wenn ein Nutzer auf Facebook einen Post liked, addiert der Corrupter automatisch eine Vielzahl weiterer, zufällig ausgewählter Likes. Dem Nutzer selbst und seinem sozialen Netzwerk werden diese nicht angezeigt, für Analysten sind die Daten damit jedoch unbrauchbar.

The-Data-Corrupter

Laut Fabian Kirner, CCO bei GREY Germany, soll die Kampagne auf zwei zentrale Probleme hinweisen: „Wir möchten mit der Kampagne nicht nur auf die Existenz der Filterblase sowie die gezielte Manipulation für politische Zwecke aufmerksam machen, sondern auch eine wirkliche Lösung anbieten.“

Doch Facebook sieht die ganze Sache wohl ein wenig anders. Wie nun bekannt gegeben wurde, geht das soziale Netzwerk juristisch gegen die Werbeagentur Grey vor. Der Internet-Konzern hat die WPP-Tochter für den von ihr entwickelten „Data Corrupter“ über eine US-Kanzlei abgemahnt und aufgefordert, den Einsatz und die Verbreitung des Tools zu stoppen.

Dickjan Poppema, CEO Grey Germany GmbH, teile am Donnerstag Business Punk mit, dass die Entwicklung und Verbreitung des Data Corrupters gegen bestimmte Facebook-Richtlinien verstoßen habe und sie über eine US-amerikanische Kanzlei abgemahnt worden sind, den Einsatz und die Verbreitung des Data Corrupter einzustellen. Zugleich wurden die persönlichen Facebook-Konten der zwei beteiligten Köpfe sowie die Facebook-Seite des Data Corrupters gesperrt. „Sicher war es unser Fehler, mit dieser technischen Lösung gegen die Richtlinien des Netzwerks zu verstoßen – das erkennen wir gern an. Jedoch bleibt aus unserer Sicht hier eine große gesellschaftspolitische Herausforderung, der wir uns jetzt erst recht weiter widmen wollen. So sehen wir den dringenden Bedarf eines engagierten und lösungsorientierten Dialogs mit Facebook und anderen Playern in Politik und Gesellschaft und wir würden uns freuen, wenn sich das Netzwerk dafür öffnen würde.“ so Poppema. Stellt sich nur die Frage, ob Facebook nun mit einer bessere Lösung zu dem Problem politischer Manipulation um die Ecke kommt.

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