Innovation & Future Mit dem Internet Computer Project erhalten Amazon, Facebook und Google Konkurrenz

Mit dem Internet Computer Project erhalten Amazon, Facebook und Google Konkurrenz

Was, wenn man Cloud-Computing und dessen Regeln komplett neu denkt? Mit dem Internet Computer Project will Dominic Williams den Giganten Amazon, Facebook und Google Konkurrenz machen

Das Problem an der Cloud lässt sich in einer englischen Redewendung beschreiben: When it rains, it pours – wenn es regnet, schüttet’s. Als es zum Beispiel im November letzten Jahres Probleme mit der Amazon-Web-Services-Cloud, genauer gesagt im Bereich US-East-1, gab, brach ein bunt gemischter und interessanter Mix US-amerikanischer Infrastruktur zusammen: Die Staubsauger von Roomba funktionierten nur noch erratisch, Zeitungen wie die „Tampa Bay Times“ und die Streaming-App Roku fielen einfach komplett aus, ebenso ein Passwortmanager und die Lesezeichen-App Pocket. Ein bisschen wie „Independence Day“, nur etwas niedlicher.

Drei Jahre vorher hatten die Nutzerinnen und Nutzer von Homematic IP, einem Smarthome-System des Unternehmens EQ-3, ähnliche Probleme: Nach einem Softwareupdate gab es spürbare Verzögerungen bei der Steuerung per Sprachbefehl. Und ebenfalls bekannt wurde 2018, dass Facebook Millionen von Nutzerinnen- und Nutzerdaten an das Datenanalyseunternehmen Cambridge Analytica weitergegeben hatte.

Auch wenn ein Großteil der Menschen, die das Internet nutzen (also: fast alle), sich offenbar mit dieser Mischung aus Versagen und Skandal abgefunden hat, ist das Problem so prägnant wie riesig: Große Unternehmen wie Amazon, Facebook und Google haben Stand heute ein unangefochtenes Monopol auf unsere Daten. Faktisch sind alle Menschen, die das Internet nutzen, von diesen drei Unternehmen nicht nur abhängig. Sondern ihnen vollkommen ausgeliefert.

Einer unter Giganten

Der Grund ist simpel: Geiz. Für die Nutzung der meisten Anwendungen muss man nichts zahlen. Was wie eine gute Nachricht klingt, ist in Wahrheit das verdrängteste Problem des Internets: Wir selbst sind das Produkt. Die Nutzung wird in Form von Weitergeben tiefer Einblicke in unsere Leben abgegolten. Und gibt es Probleme mit der Cloud, hängen wir in der Luft und können nichts tun. Es ist beinahe, als würde man sich aus reiner Faulheit freiwillig beim Finanzamt anmelden.

Es ist fast wie Asterix und Obelix in der Cloud: Wir befinden uns im Jahre 2021, und das gesamte Internet wird von Amazon, Facebook und Google beherrscht. Das ganze Internet? Nein! Ein von unbeugsamen Programmierer:innen bevölkertes Unternehmen hört nicht auf, den Datengiganten Widerstand zu leisten – allen voran Dominic Williams, der das sogenannte Internet Computer Project gestartet hat.

Sein Ziel ist dabei einfach beschrieben: das Internet von den Cloud-Giganten befreien. Und eine unabhängige Möglichkeit schaffen, Daten in der Cloud zu speichern. Williams ist Gründer und Chief Scientist von Dfinity, einer Stiftung mit Standorten in Zürich, Palo Alto, San Francisco und Tokio, die mit Blockchain und Cloud-Computing das Internet quasi neu starten will. Frei und wild und fair.

Das Computerinternet

Mit dem Internet Computer Project soll Entwicklerinnen und Entwicklern sowie Unternehmen die Möglichkeit verschafft werden, die Funktionalität des Internets zu erweitern. Konkret: Websites, Unternehmenssysteme, Plattformen, Finance-Anwendungen direkt auf dem Internet Computer erstellen, komplett ohne proprietäre Dienste und ohne die Daten auf den Clouds großer Anbieter abzulegen, sondern eben im Computerinternet. Dezentral gespeichert und durch ein öffentliches Blockchainnetzwerk koordiniert.

Die Idee zur Unabhängigkeit von großen Tech­unter­neh­men hatte Williams bereits 2015. Seitdem hat er konsequent an der Umsetzung gearbeitet und es geschafft, dass aus der anfänglichen Vision tatsächlich eine zugängliches System wurde.

©Michael Lee

Es ist ein System, das wächst: Fleek, eine Open-Web-Entwicklerplattform, hat sein eigenes Hosting bereits auf den Internet Computer verlagert. Doch nicht nur das, auch die etwa 11 000 Kundinnen und Kunden der Plattform haben nun die Möglichkeit, ihre blockchainbasierten Websites zu migrieren.

Dfinity hat sich zudem mit britischen Entwicklerinnen und Entwicklern für OpenChat zusammengetan. Der Messaging-Dienst soll in Zukunft dezentral und verschlüsselt angeboten werden – Konkurrenzanbieter wie Whatsapp, Telegram und Signal laufen weiter auf zentralen Servern.

Ein erstes soziales Netzwerk, das mit dem Internet Computer direkte Konkurrenz bekommt, ist Linkedin. Schon lange wurde daran gearbeitet, ein professionelles Netzwerk mithilfe des Open-­Source-­An­sat­zes zu dezentralisieren, mit LinkedUp ist das nun gelungen.

Das Vielversprechende daran: Prinzipiell wäre auch denkbar, dass in Zukunft weitere Alternativen zu sozialen Netzwerken wie Facebook, Whatsapp und Twitter geschaffen werden.

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