Innovation & Future Die Ampel zerstört den Mythos von „Made in Germany“

Die Ampel zerstört den Mythos von „Made in Germany“

Nach Miele, Bosch und Co. jetzt auch noch Herrenknecht: Der Tunnelbohrer, der so heißt wie sein Chef, lässt kein gutes Haar am heimischen Standort. Eine düstere Umfrage der Wirtschaftsverbände gibt ihm leider recht.

Ein Name mit Klang und Nachhall: Herrenknecht. Das Unternehmen ist mit „Tunnelbau-Spezialist” etwas zu simpel bezeichnet; Es misst, analysiert, sprengt und bohrt und das alles auch in tiefsten Tiefen. Untertunnelt hat der deutsche Mittelständler, der so heißt wie der Chef, schon alles, was nicht bei drei aufgegraben werden konnte: vom Gotthard-Massiv in der Schweiz über den Brenner bis zum Stadtpark irgendwo im Lande, wo unauffällig Leitungen verlegt werden sollen. Der kleinste Bohrer misst zehn Zentimeter im Durchmesser – der größte bisher rund 20 Meter, und ein jüngst nach Frankreich geliefertes Tunnelbohrgerät ist 334 Meter lang. Der Mittelständler sprengt gängige Kategorien, und dass ein Baden-Württemberger wie Martin Herrenknecht sich von Schwierigkeiten nicht unterkriegen lässt, ist fast ein Gemeinplatz. 

Im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung übt Martin Herrenknecht, demnächst 82 Jahre alt, putzmunter und so etwas wie der fleischgewordene Mittelstand hierzulande, dennoch ungewohnt scharfe Kritik an der Bundesregierung und bemängelt die schwache Wirtschaftslage im Land. Bürgergeld-Erhöhungen, Forderungen nach mehr Lohn für weniger Arbeit und die Vier-Tage-Woche würden dazu führen, dass Deutschland in der Welt „immer mehr als Softie-Gesellschaft wahrgenommen“ wird. „Die Politik sollte nicht über Doppelnamen oder über das Gendern diskutieren, sondern sich die Wirtschaftssituation einmal anschauen.“ „Ich gebe Deutschland sicher nicht auf, aber bis wir hier wieder in die Hände spucken, wieder arbeiten und nicht streiken, wird es noch dauern.“

An sich ist Jammern nicht seine Sache. Das bekannte Bergbau-Motto „vor der Hacke ist dunkel” gilt nicht für den Hightech-Konzern, denn man kennt mithilfe selbst entwickelter technologischer Methoden die Strecke sehr genau, die vor einem millionenteuren Bohrkopf liegt, etwa wenn es darum geht, einen Eisenbahntunnel unter einem Flussbett zu bohren. Der Elbtunnelbau mit einer eigens entwickelten Vortriebsmaschine von Herrenknecht mag Schwierigkeiten aufweisen, aber es sind eher politische.

Im sonst beschaulichen Schwanau-Allmannsweier (Ortenaukreis, Baden) ist die Herrenknecht AG, 1,2 Milliarden Euro Umsatz, vollständig im Besitz einer Familienstiftung, die bestimmende Größe, und das nicht nur auf dem Luftbild. Vom allseits beklagten Fachkräftemangel kann man auch ein Lied singen, aber beim kürzlich veranstalteten Ausbildungstag am Stammsitz war von mangelndem Bewerberinteresse nicht viel zu spüren. Allerdings kommen zahlreiche Mitarbeiter, ob Schweißer oder Ingenieure, inzwischen aus dem Ausland, von Lettland bis Marokko.

In die vermeintliche Idylle, soweit man bei einem weltweit agierenden Unternehmen und Marktführer dieser Branche davon sprechen kann, platzt immer öfter die deutsche Misere, sattsam bekannt von Großunternehmen, sei es in der Chemiebranche oder der Autoindustrie samt Zulieferern. „Die aktuelle Lage der Unternehmen ist mau, in der Industrie sogar schlecht. Die Erwartungen zeigen keine kraftvolle Aufwärtsbewegung“, sagte gerade DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben. Die Hoffnung der letzten Monate, dass ein gutes Auslandsgeschäft oder eine wieder anziehende Inlandsnachfrage als Motor der heimischen Unternehmen wirken könnten, habe sich nicht bestätigt. Im Gegenteil: „Eine schwache Binnenkonjunktur und handfeste strukturelle Herausforderungen halten die Wirtschaft weiterhin im Griff.“

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