Leadership & Karriere Wie recruitiert man Mitarbeiter:innen, bevor das Unternehmen überhaupt auf dem Markt ist?

Wie recruitiert man Mitarbeiter:innen, bevor das Unternehmen überhaupt auf dem Markt ist?

Gastbeitrag von Anna Tichonova

Schon einmal ein Jobangebot von einem Unternehmen erhalten, das gar nicht existiert? Wie reagiert man darauf – ist es eventuell sogar ein raffinierter Betrug? Doch die wichtigste Frage für mich: Wie überzeugt man potenzielle Bewerber:innen von solch einem Unternehmen? 

Im letzten Jahr stand ich genau vor dieser Herausforderung, denn ich war für das Recruiting eines neuen Players der Berliner Fintech-Szene verantwortlich. Nun gut, korrekterweise muss ich dazu sagen, dass „nicht existent“ in diesem Fall ein wenig übertrieben war. Denn Vivid Money existierte bereits auf dem Papier, als Name und Vision.

Ein kleines Team um die zwei Gründer hatte zudem hinter verschlossenen Türen damit begonnen, die Banking-App zu entwickeln. Wir bereiteten uns hingegen auf den ersten Kontakt zur Außenwelt vor – dem Recruiting – und den damit verbundenen fünfseitigen NDAs für Bewerber:innen.

Es stand fest, dass es in dieser ungewöhnlichen Situation nur einen Weg gab, wie wir Kandidat:innen für uns gewinnen konnten: Indem wir unsere Story erzählen, gleichzeitig unsere Vision vermitteln und das Produkt erklären. Authentisch gelingt das allerdings nur, wenn man seine eigene Überzeugung rüberbringen kann. 

So haben wir das Vertrauen der potenziellen Kandidat:innen gewonnen. Erschwerend kam hinzu, dass wir uns nicht auf Referenzen bei Kununu und Co. oder auf eine überzeugende Website verlassen konnten, die Bewerber:innen bei ihrer Recherche gefunden hätten: Wir waren komplett unbekannt. Für unsere Ansprache wählten wir deswegen ausschließlich den persönlichen Weg, was in Zeiten einer Pandemie eine weitere große Herausforderung bedeutete. Wir mussten doppelt so hart arbeiten, um dieselben Ergebnisse zu erzielen – mit Erfolg. 

Für Startups ist Remote-Recruiting eine Chance

Zu Beginn des letzten Jahres kam erschwerend hinzu, dass die Covid-19-Pandemie einen maßgeblichen Einfluss auf das Recruiting nahm, welcher uns bis heute jedoch positiv beeinflusst. Dazu haben wir bereits zu Beginn eine komplett remote-funktionierende Unternehmensstruktur geschaffen, die vor dem Recruiting nicht Halt macht. Denn das Remote-Recruiting ist eine Chance! 

Es ermöglicht uns einen deutlich größeren Talent-Pool anzusprechen und macht es uns einfach, grenzübergreifend die passendsten Kandidat:innen zu finden. Termine lassen sich schnell vereinbaren, Anreisen  entfallen und es spiegelt bis zu einem gewissen Punkt auch die Unternehmenskultur und die Flexibilität wider, die wir bei Vivid leben. 

Nachdem nun viele in dem letzten Jahr zu Zoom-Expert:innen wurden, ist sich jede:r der Herausforderungen bewusst, die damit einhergehen. Darum haben wir einen mehrstufigen Prozess eingeführt, der einerseits die Qualität unserer Kandidat:innen-Auswahl sicherstellt und andererseits den Kandidat:innen zeigt, was es bedeutet für Vivid Money zu arbeiten.

  1. Intro-Talk: So stellen wir sicher, ob wir gemeinsame Vorstellungen haben. Dieser Talk bildet die Basis für den Bewerbungsprozess. 
  2. Tech-Talk/Assignment Stage: Hier schauen wir auf die Qualifikationen der Bewerber:innen. Besonders wichtig ist dabei die fachspezifische Expertise, da wir nach geeigneten Talenten für bestimmte Anforderungen suchen. Ein Lebenslauf ist da nur bedingt aussagekräftig und spiegelt in unseren Augen einen veralteten Bewerbungsprozess wider.
  3. Manager:innen-Talk: Er stellt sicher, dass ein gemeinsames Mindset gewährleistet ist und dass innerhalb eines Teams und des Unternehmens an einem Strang gezogen wird. 
  4. Team-Talk: Durch den hohen Remote-Anteil bei Vivid muss gewährleistet werden, dass schnell ein gemeinsames Verständnis geschaffen wird. Es ermöglicht uns, den Cultural Fit zu bewerten und die Dynamik zwischen der/:m Kandidatin/:en und dem Team einzuschätzen. Das ist die letzte und entscheidendste Stufe des Prozesses.

Bis heute konnte sich dieser Bewerbungsprozess für uns bewähren und wir sind stolz, dass die meisten Talente der ersten Stunden weiterhin mit Vivid eine gemeinsame Vision verwirklichen. Ein weiterer positiver Effekt: Das Employee-Referral-Programm wurde zu einer unserer größten Stärken in der hart umkämpften Fintech-Szene in Berlin, um die passenden Kandidat:innen für unsere Zukunft zu finden. 

Anna Tichonova ist HR Director bei Vivid Money und bereits seit dem Start hauptverantwortlich für das Recruiting und die Mitarbeiter:innen im Berliner Fintech. Mit über acht Jahren HR-Erfahrung in der internationalen Finanzszene macht sie das rasante Wachstum möglich und hat die große Stärke, immer die richtigen Talente zu finden.

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