Green & Sustainability So wollen Corporate-Pros die Marke Toms wieder flott machen

So wollen Corporate-Pros die Marke Toms wieder flott machen

Als Blake Mycoskie vor 15 Jahren anfing, mit seiner Marke Toms Espadrilles zu fertigen und pro verkauftem Paar eines an Bedürftige zu spenden, betrat er damit Neuland. „One for one“ heißen solche Unternehmen heute, und es gibt etliche davon.

2014 verkaufte Mycoskie 50 Prozent der Firma an den Finanzinvestor Bain Capital, blieb jedoch an der Spitze. Bis 2019 häuften sich jedoch so viele Verbindlichkeiten an, dass die Marke schließlich Ende 2019 komplett von den drei Kreditgebern übernommen wurde.

Mycoskie schied aus, und Toms bekam eine grundlegende Restrukturierung. Doch jetzt will die erste Giving Brand wieder global durchstarten: CEO Magnus Wedhammar war zuvor bei Nike und Converse, Chief Giving & Strategy Officer Amy Smith vorher unter anderem bei Apple. Was haben die beiden vor?

Frau Smith, Toms verschenkt keine Schuhe mehr für jedes gekaufte Paar. Warum?

Amy Smith: Jedenfalls nicht, weil dieses Engagement keinen Erfolg hatte. Allein in den letzten zwei Jahren haben wir rund 7,05 Millionen Paar Schuhe sowie über 4,4 Mio. Dollar an Förderbeiträgen gespendet. Dieser Erfolg ist aber gleichzeitig ein guter Zeitpunkt zur Reflexion. Wie können wir noch gezielter helfen? Und was bewegt unsere jungen Kund:innen?

Chief Giving & Strategy Officer Amy Smith

Magnus Wedhammar: Wir wollen gerade für die Generation Z relevanter werden, in der Optik, in unserer Kommunikation und im Produkt selbst. All das wurde über zehn Jahre nicht wirklich von Grund auf angefasst. Das schließt auch unsere Ikone mit ein, den „Alpagarta“, unseren Kult-Espadrille. Den bringen wir auf den neuesten Stand, auch in Bezug auf seine Nachhaltigkeit.

CEO Magnus Wedhammer

Wie wird zukünftig Gutes getan?

Smith: Wir geben ein Drittel des Gewinns in einen Pool, aus dem wir streng ausgesuchte Grassroots-Bewegungen in aller Welt unterstützen werden, die sich direkt oder indirekt mit dem Thema Teilhabe beschäftigen. Ihren Organisator:innen und Mitstreiter:innen wollen wir mit finanzieller Unterstützung und unserem Marketing-Megafon unter die Arme greifen, ihre Botschaft quasi lauter drehen. Das ist heute angebrachter als Produktspenden, finden wir, weil die lokalen Helfer:innen viel besser wissen, woran es ihnen fehlt.

Um welche Causes geht es konkret?

Smith: Wir haben uns intensiv mit den Aspekten von Teilhabe beschäftigt, für die sich bisher kaum Marken interessieren. Dabei kamen wir einmal auf psychische Gesundheit, deren Entstigmatisierung und Zugang zu Hilfsangeboten. Dann kann man gar nicht genug für Zugang zu Ausbildung und Arbeitsplätzen tun. Und das Ende der Waffengewalt in den USA durch Prävention, Intervention und die Behandlung von Traumata bildet den dritten Pfeiler. Zusammengenommen trägt das alles zu mehr Gerechtigkeit bei, vor allem für People of Color, LGBTQ+ sowie Frauen und Mädchen.

Was wird aus den bisherigen Partner:innenschaften und Produkten wie Kaffee, Rucksäcken und Brillen?

Smith: Bis auf die Brillen und den Kaffee für unsere eigenen Coffeeshops haben wir alles gestoppt. Aber keine Angst, alle bisherigen Spendenempfänger:innen wurden früh informiert, und wir prüfen in jedem Fall genau, was wir tun können, damit diese Neuausrichtung keine Lücken reißt.

Wedhammar: Ja, erst mal dreht sich alles um die Schuhe, mit denen unsere Geschichte 2006 begann. Später kann ich mir auch wieder verwandte Ergänzungen vorstellen, beispielsweise haben wir gerade eine Lizenz für Socken vergeben an ein tolles nachhaltiges Startup namens Future Stitch.

Toms gehört mittlerweile Finanzinvestor:innen. Rennt da die Fridays-for-Future-Crowd nicht davon?

Wedhammar: Wir müssen da gar nichts verstecken oder uns schämen. Seit 2014 gehörten Bain Capital 50 Prozent des Unternehmens, das ist kein Geheimnis. Über die Folgejahre wurden wir von zu vielen Schulden erdrückt, und 2019 haben uns drei Kreditgeber:innen komplett übernommen. Toms war aber vom ersten Tag an ein For-Profit-Unternehmen, und zu diesem Kurs stehen wir auch weiterhin. Nur so können wir langfristig und mit großem Impact helfen. Und das wollen unsere jetzigen Besitzer:innen und unsere Kunden:innen.

Für langlebige Veränderung braucht es oft das Verständnis für Andersdenkende. Würden Sie auch ewige Trump-Anhänger:innen für Ihre Anliegen begeistern wollen?

Wedhammar: Wir sind ja keine Partei und Nächstenliebe und Unterstützung ganz universelle Themen. Also arbeite ich auch mit einem Trump-Fan, der unser Kernziel teilt: Gutes zu tun.

Smith: Wir zeigen lieber, was wir konkret tun, als nur zu diskutieren. Unser Motto: Wir ändern nicht die Welt. Aber die, die es tun, tragen unsere Schuhe. Ihr Verstärker wollen wir sein. Das ist die Power eines Business wie Toms.


Es ist wieder soweit: Unsere neue Ausgabe ist da. 172 druckfrische Seiten mit einer Menge Storys und Persönlichkeiten zum Dossier-Thema „Green“. Außerdem: Wie ein Podcaster eine eigene Pasta-Sorte schafft, wie ein Gründer:innen-Netzwerk in Südafrika Artenschutz vorantreibt und wie David Brunier die am schnellsten wachsende Kaffeekette der Welt baut. Ab zum Kiosk oder zum Aboshop.

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