Innovation & Future Pasta-Wissenschaft: US-Podcaster landet Erfolg mit eigener Nudel

Pasta-Wissenschaft: US-Podcaster landet Erfolg mit eigener Nudel

Hürde Nummer drei: ein Unternehmen finden, das die Nudel letztlich produziert und sich, wenn möglich, an den Kosten beteiligt. Ein Großkonzern, so viel steht fest, wird für die Träumerei eines Food-Journalisten kaum seine Maschinen anwerfen.

Kleine Manufakturen wiederum, die frische Pasta herstellen, wären mit den 5 000 Packungen, die Pashman anstrebt, überfordert. Außerdem würden sie weder Trocknung noch Versand übernehmen. Letztlich findet Pashman mit Sfoglini Pasta ein mittelgroßes Unternehmen nördlich von New York City, das verrückt genug ist, die Nudel zu produzieren. „Dans Idee klang faszinierend. Selbst wenn es uns unklar war, ob er wirklich erfolgreich eine neue Nudelform kreieren könne. Wir wissen ja, wie schwierig das ist. Aber auch wir wollten sehen, wie es weitergeht“, sagt Sfoglini-Co-Gründer Scott Ketchum. Dafür braucht Sfoglini die Gussform. Doch auch Monate nach der ersten Zusage ist diese noch immer nicht da.

Als im Sommer 2020 schließlich die ersten Testläufe seiner Nudeln bei Pashman ankommen, ist die Euphorie gigantisch: „Auf diesen Moment habe ich zwei Jahre gewartet“, sagt Pashman im Podcast. Doch als die Nudeln im Topf vor sich hin köcheln, folgt die Enttäuschung: „Ich hatte nicht erwartet, dass sich das wichtigste Feature – die geriffelten Ränder – buchstäblich vor meinen Augen in Einzelteile auflöst.“ Einzige Lösung: Die Gussform muss geändert werden. 4 000 Dollar und mehrere Monate Wartezeit später ist die Nudel an der entscheidenden Stelle 0,03 Millimeter dicker. Zu dick, denn nun sind die Ränder flach statt geriffelt. Erst die dritte Version im Dezember 2020 passt. Pashman hat endlich seine ideale Nudel.

Was ihr noch fehlt, sind ein Name und der Preis. Die erste Idee „Millepiedi“ (Tausendfüßler) wird verworfen. Wer will schon Pasta essen, die an ein krabbelndes Insekt erinnert? Pashman legt sich auf „Cascatelli“ (Wasserfall) fest. Grammatisch nicht korrekt, es müsste „Cascatelle“ heißen. Aber das stört den Erfinder nicht. Der startet am 18. Februar 2021 eigenhändig den ersten Cascatelli-Produktionslauf in der Sfoglini-Manufaktur.

Als die Pasta Anfang April für 5,99 Dollar online angeboten wird, sind die 3 700 Pakete der ersten Charge nach zwei Stunden ausverkauft. Sfoglini wirft die Maschinen direkt wieder an. Nach einem Tag sind fast 15 000 Packungen Cascatelli vergriffen. „Ganz ehrlich? Ich bin schockiert, wie gut die Nudel ist. Viel besser, als ich je erwartet hätte“, sagt der renommierte US-Koch und -Autor James Kenji López-Alt über die Pasta-Innovation.

Eine Kollegin meint, die Cascatelli sei „perfekt“, und auch das Podcast-Publikum überschüttet Pashman mit Lob. Beziehungsweise mit unaufhörlichen Vorbestellungen. „Mit so einem Erfolg hätte ich niemals gerechnet. In meinem Nachruf wird wohl nichts von meiner jahrzehntelangen Karriere als Medienmacher stehen, sondern nur von der Cascatelli-Erfindung“, scherzt Pashman.

Die ersehnte Podcast-Serie ist inzwischen produziert, die Nudel erfolgreich auf den Markt gebracht, doch die Fragen rund um die Zukunft des Cascatelli-Business, die fangen erst an: Wird Sfoglini auf Dauer zu klein für die bestellten Mengen? Wie will Pashman die Produktion in Zukunft handhaben: als Podcast-Host aufhören und komplett ins Pasta-Business einsteigen? Die Nudelform lizenzieren und als Eigenmarke eines Großkonzerns herstellen und vertreiben lassen? Oder, für eine größtmögliche Verbreitung, jedem interessierten Unternehmen freie Hand geben, Cascatelli nach eigenem Gusto zu produzieren?

Ein eigenes Nudel-Business zu starten sei unrealistisch, sagt Pashman. Vor allem, weil er dafür seinen Podcast aufgeben müsste. Außerdem will er sich nicht damit rumschlagen, wenn ein Lkw mitten in Iowa eine Reifenpanne hat und sich dadurch eine Großlieferung verzögert. Deshalb: Entscheidung vertagt. Aktuell setzt Pashman weiter auf Sfoglini und überlegt, inwieweit er seine Pasta durch Fremdfirmen lizenzieren lässt.

Und was lernt man aus so einem Projekt, das einem ein halbes Dutzend Mal über den Kopf wächst und am Ende ein riesiger Erfolg wird? Eine neue Nudel zu kreieren sei der Podcast-Produktion erstaunlich ähnlich, sagt der Nudelerfinder. In beiden Prozessen gelte beim Feinschliff „Kill your darlings“, um das Endprodukt voranzutreiben. „Die Pastaform, die ich anfangs wollte, unterscheidet sich stark von der, die wir jetzt verkaufen. Aber darum geht’s im Business: Es ist wichtig, an deiner Vision festzuhalten, aber flexibel zu bleiben, um dich nicht zu verrennen.“ Das Patent für die Nudel ist angemeldet, im Sporkful-Fanshop gibt’s die ersten Cascatelli-T-Shirts, und täglich gehen Pastabestellungen ein. Wartezeit für den Versand: zwölf Wochen.

Was sagt der Test?

Unser Autor wollte prüfen, ob die Cascatelli so gut sind, wie Pashman es im Interview und Podcast verspricht. Doch da Sfoglini derzeit nicht mit den Bestellungen hinterherkommt und obendrein der Versand aus den USA eine Weile dauert, kamen die Nudeln nicht mehr rechtzeitig bis zum Druck dieser Ausgabe an. Wer derweil selbst die Cascatelli bestellen will, braucht also Geduld – und muss für den Versand nach Deutschland 80 Euro lockermachen. Lösung: genügend Freunde finden, die mitbestellen, und sich die Versandkosten teilen.

Die Podcast-Folgen zur „Mission: ImPASTAble“ gibt’s hier: sporkful.com/tag/mission-impastable/

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