Life & Style Er begab sich als Reporter in Lebensgefahr – jetzt arbeitet Ian Urbina an Soundtracks für Journalismus

Er begab sich als Reporter in Lebensgefahr – jetzt arbeitet Ian Urbina an Soundtracks für Journalismus

Punkt drei: das finanzielle Experiment.

Wie lässt sich diese Art der Berichterstattung langfristig finanzieren, wenn die Produktion einer Story über 100 000 Dollar verschlingt, aber selbst die besten Magazine der Welt nur bereit sind, 8 000 Dollar zahlen? Stiftungsfinanzierter Journalismus ist in den USA zwar üblicher als in Deutschland, und auch Stipendien können helfen, „aber wir können nicht ewig von Philanthropen leben“, sagt Urbina.

Sein Lösungsansatz: 50 Prozent der Erlöse, die die Outlaw-Ocean-Kompositionen über Spotify, iTunes und etwa 200 weitere Streamingdienste generieren, behalten die Künstler:innen. Die andere Hälfte fließt in Urbinas gemeinnützige Organisation The Outlaw Ocean. Profit mache er mit der Musik nach eigener Aussage keinen. Jeder einzelne Penny finanziere zukünftige Recherchen.

Um diese einzelnen Pennys, die pro Abruf eines Songs gezahlt werden, in relevante Summen zu verwandeln, hilft für Urbina nur ein Ansatz: Masse. Deswegen will er so viele Menschen wie möglich für das Projekt gewinnen. Inzwischen sind es mehr als 500 aus 60 Ländern. Insgesamt haben sie über 2 000 Lieder produziert, die knapp 90 Millionen Mal angehört wurden. Und die Community wächst stetig.

Inwiefern profitieren aber die einzelnen Künstler:innen von dieser ungewöhnlichen Symbiose zwischen Kunst und Journalismus – vor allem vor dem Hintergrund, dass immer mehr Kolle:ginnen mitmachen und alle letztlich im Schatten des Outlaw-Ocean-Projekts stehen? Lohnt sich dieser Ansatz als neuer Weg im Music-Publishing? Schließlich winkt auch den Bands die Chance, über diese ungewöhnliche Methode ihre Hörerschaft zu erweitern.

„Aus der Businessperspektive lohnt sich die Teilnahme an einem solchen Projekt bislang nicht“, sagt Jon Winterstein. Der 28-Jährige hat für The Outlaw Ocean ebenfalls mehrere Songs produziert. Die Abrufzahlen seines Albums „A Dystopian Place“ unterscheiden sich allerdings kaum von Wintersteins eigenen Veröffentlichungen. Ähnliches berichten auch die Ancient Astronauts.

Ian Rubina in einem Klein-U-Boot.

Dennoch haben beide gern bei dem Projekt mitgemacht. „Ian begibt sich für seine Geschichten in Lebensgefahr, und ich kann mit meiner Musik dafür sorgen, dass diese Storys ein größeres Publikum erreichen und hoffentlich auch zu einer emotionalen Erfahrung werden“, sagt der Hamburger Winterstein. Und auf kreativer Ebene habe er durchaus profitiert: „Mal etwas komplett Neues zu machen, bringt dich als Künstler immer weiter. Ich merke schon jetzt bei Folgeprojekten, wie ich an bestimmte Dinge anders herangehe.“ Erst vor wenigen Wochen hat er zudem für ein ähnliches Musikprojekt mit Urbina zusammengearbeitet: Dazu vertonte er Zitate und Reden des legendären Linguisten Noam Chomsky. Das Ziel ist ein ähnliches wie bei The Outlaw Ocean: mehr Aufmerksamkeit und ein neues Publikum für Chomskys Werk, verbreitet als Musik auf diversen Streamingdiensten.

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