Green & Sustainability Fleischersatz-Studie: So umwerben Marken euer grünes Gewissen

Fleischersatz-Studie: So umwerben Marken euer grünes Gewissen

Der Markt für Fleischersatz wächst stetig an. Im Jahr 2022 soll der Umsatz laut Statista bereits bei 345,7 Millionen US-Dollar liegen. 2019 waren es noch 262,4 Millionen Dollar. Umso größer der Markt, desto mehr Teilnehmer möchten natürlich auch etwas vom Kuchen abhaben.

Für den größtmöglichen Erfolg müssen Marken sich mit ausgefallenen Marketingaktionen und Werbespots von der Konkurrenz abheben. Die Agentur Mediaplus hat deshalb gemeinsam mit September Strategie & Forschung Spots von fünf beliebten Fleischersatzmarken angesehen und analysiert.

Dazu wurden 100 Proband:innen eingeladen, beim Ansehen der Spots mit Hilfe von EKGs, Hautleitwerten etc. beobachtet und anschließend interviewt. Mit der Studie sollten die Fragestellungen wie „Welche Story bleibt hängen?“ oder „Wie sind Fleischersatzprodukte emotional verankert bei den Zielgruppen?“ beantwortet werden.

Mediaplus geht in der Studie davon aus, dass Flexitarier:innen in der ganzen Debatte dem größten gesellschaftlichem Druck ausgesetzt werden, da überzeugte Fleisch:esserinnen wenig Verständnis zeigen, dogmatische Vegetarier:innen Fleischersatz allerdings auch kritisch sehen würden.

Deshalb sagt Jens Barczewski, der General Manager von Mediaplus: „Die Kommunikation von Fleischersatzprodukten sollte dem gesellschaftlichen Rechtfertigungsdruck entgegenwirken und ‚Leichtigkeit‘ und ein ‚Gemeinschaftsgefühl‘ kommunizieren, anstatt mahnend den Finger zu heben“.

Hier lest ihr die genauen Analysen zu den einzelnen Werbespots der Studie:

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The Vegetarian Butcher: Genuss ohne Verzicht
The Vegetarian Butcher inszeniert sich sehr deutlich als spannende und männliche Marke. Das Spiel des Messers, die Musik und eine dunkle, mystische Atmosphäre bauen Spannung auf: Die Botschaft, die die Marke vermittelt, ist klar: Man(n) muss nicht auf Geschmack verzichten und kann männlich bleiben – auch ohne Fleisch! Dabei thematisiert The Vegetarian Butcher geschickt das Genuss-Dilemma: Vegetarisches Fleisch kann nie wie Fleisch schmecken. Der Spot triggert so die relevanten „Pain Points“ der Zielgruppe, verharrt jedoch zu lange im Problem. Die Lösung, auf nichts verzichten zu müssen, dürfte in der Kommunikation deutlich mehr Raum erhalten, um Konsument:innen die Möglichkeit zu geben mehr im Genuss zu schwelgen. Vegetarian Butcher Fazit: The Vegetarian Butcher benennt die vorherrschenden Defizite deutlich, nämlich dass vegetarisches Fleisch nie wie Fleisch schmecken kann. Dabei lässt der Spot zu wenig Raum für den Genussmoment, dieser dürfte deutlich präsenter sein. Dadurch bleibt der Spot insgesamt eher auf verhaltenem emotionalen Niveau.
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Garden Gourmet: Gemeinsamer Vegetarismus
Garden Gourmet lädt zum gemeinschaftlichen Essen und Grillen mit Freunden und Familie ein. Das trifft besonders nach der Corona-Zeit voll ins Schwarze. Die Atmosphäre wirkt sympathisch und freundlich, das präsentierte Essen wird von den Proband:innen als äußerst appetitlich bewertet. Vor allem die Produktvielfalt kommt gut an. „Hier ist für jeden etwas dabei, für Groß und Klein“ – so der Tenor. Allerdings verharrt der Spot in einer gewissen Beliebigkeit und könnte zunächst auch für Gartenkräuter oder Ähnliches stehen. Es fehlt das gewisse Etwas, das die Produkte von Garden Gourmet zu etwas Besonderem macht, und der Hinweis, aus was die Produkte bestehen. Zumal das Gewächshaus als Ort der Zusammenkunft irritiert, ebenso wie die auf die Schnelle nicht nachvollziehbaren Wortspiele (Vege-tarian, Flexi-tarian, Whatever-tarian). Fazit: Garden Gourmet vermittelt Spaß und Gemeinschaft. Allerdings wirken die Umgebung und die Wortspiele, die nicht verstanden werden, stark irritierend, erst die Auflösung über die Produktvielfalt wird attraktiv und relevant.
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Amidori: Genuss pur im Familienleben
Die Mutter beißt genüsslich in ihren Burger. Der Vater – ganz moderner Mann – brutzelt Köstliches am Herd – alles natürlich auf pflanzlicher Basis. Die Szene vermittelt puren Genuss, keiner muss irgendetwas, jeder darf aber – und dabei läuft dem Zuschauer regelrecht das Wasser im Mund zusammen. Pech hat nur die Erbse, die sich entrüstet zu Wort meldet, denn sie ist Hauptbestandteil des Gerichts. Mit ihrer Beschwerde, gegessen zu werden sorgt sie für ein Schmunzeln ohne erhobenen Zeigefinger und verstärkt die Botschaft, dass für diese Produkte kein Tier leiden musste. Fazit: In entspannter Runde wird der Spaß am Essen erlebt. Vegetarisch wird nicht als Problem oder Konflikt wahrgenommen, sondern als Lifestyle, der in der ganzen Familie mit großer Vielfalt unkompliziert umgesetzt werden kann. Die überdurchschnittlich hohe Relevanz kann über den gesamten Spot hinweg auf hohen Level gehalten werden und verleiht der Marke eine hohe Aufmerksamkeit und ein starkes Produktinteresse.
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Rügenwalder Mühle triggert Sehnsüchte
Mit Fleisch kennt die Rügenwalder Mühle sich aus. Und weil Pflanzen wie Soja oder Weizen ebenso wie Fleisch Protein enthalten, stellt Rügenwalder jetzt immer mehr Produkte aus Pflanzen her. Das ist ein Transfer, den man der Traditionsmarke durchaus abnimmt. „Alles lecker und gut fürs Klima“ – schon zum Spoteinstieg ist die Botschaft klar: Rügenwalder stillt die Lust nach Genuss mit reinem Gewissen. Der Spot schafft es in Bild und Ton die Zuschauer:inen an einen Sehnsuchtsort mitzunehmen, in die „heile Welt“, wo Gemeinsamkeit, Familie und Romantik auf dem Lande mit Freude und Genuss erlebt werden. Fazit: Mit Rügenwalder kann man nichts falsch machen, mit einer gewissen Leichtigkeit lassen sich pflanzliche Alternativen leicht in den Alltag integrieren. Vegetarismus ist hier kein Lifestyle, sondern echt. Rügenwalder wird als Familienmarke erlebt, die einfache, authentische Lösungen für eine bewusste Ernährung bietet. Die Relevanz bei Männern und Frauen ist hoch, bei Frauen löst der Spot zudem ein großes Gefühl von Nähe aus
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#LikeMeat: In zehn Sekunden Speichelfluss
#LikeMeat schafft es, in zehn Sekunden ohne jede Verzehrszene und ohne jede Person die Botschaft zu kommunizieren. Die Dramaturgie ist reduziert auf das Wesentliche: das Produkt selbst, verstärkt durch aktivierende Musik und das klare Voicever: Soooo Goooooood. Aus dem Burger triefen Fleischsaft, Zwiebel und Geschmack geradezu heraus. Auch ohne Hunger zu haben, läuft den Zuschauer:innen das Wasser im Mund zusammen. Wenn es nur immer so einfach wäre, dem Konsumenten ins Gesicht zu sagen: „Ich bin Genuss.“ LikeMeat Fazit: #Likemeat ist erfolgreicher Regelbrecher: Der Spot hat keine echte Handlung, zeigt keine Verzehrsituation, es gibt nur den Auslöser, dass man sofort Appetit bekommt! So punktet der Spot bei Konsument:innen innerhalb der kurzen Zeit in den drei Dimensionen Sympathie, Relevanz und Attraktion.

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