Personal Finance Autor Friedemann Brenneis: „Wir müssen Geld entmystifizieren“

Autor Friedemann Brenneis: „Wir müssen Geld entmystifizieren“

Die Kurzgeschichten sind viel eher Science-Fiction als ein wissenschaftlicher Blick in die Zukunft. Was genau reizt Sie daran?

Science-Fiction-Literatur behandelt immer Probleme der Gegenwart, nur in einem anderen, zukunftsweisenden Setting. Sie setzt sich mit sehr präsenten Themen wie zum Beispiel dem Klimawandel auseinander. Die Erzählungen sind sehr philosophisch, sie regen zum Nachdenken an.

Welche der Kurzgeschichten hat Sie persönlich ins Grübeln gebracht?

Ich bin immer wieder überrascht, mit welcher Bandbreite man solche Themen angehen kann. Es gibt sogar Geschichten, die über die Abschaffung des Geldes philosophieren. Kryptowährungen sind dort der letzte Schritt, bevor wir Menschen das Geld komplett aufgeben. Andere Geschichten gehen noch einen Schritt weiter: Was, wenn irgendwann sogar Erfahrungen und Erinnerungen handelbar werden? Das fasziniert mich schon sehr.

War in der Auswahl der Jury Komplexität ein wichtiges Kriterium? Oder eher nachvollziehbares World-Building? Und: Bestand hier und da die Gefahr, dass man eine kurze Story schlicht überlädt?

Na ja, ein Roman zum Beispiel erschafft nur eine einzige Welt und muss diese erklären. Hier taucht man bei jeder Kurzgeschichte immer wieder in eine neue Welt ein und wird mit neuen Gedanken konfrontiert. Deshalb wird man dieses Buch nicht von Anfang bis Ende durchlesen. Man braucht Zeit, um in die nächste Geschichte eintauchen zu können. Aber das finde ich gerade schön.

erschienen bei Aprycot Media, 376 Seiten, 27 Euro

Wie lautete das Feedback der Wissenschaftler:innen aus der Jury zu diesen träumerischen, teils weit hergeholten Ideen?

Sie sagen, dass die perfekte Vision vom Geld der Zukunft natürlich nicht dabei ist. Da stimme ich auch zu. Das wäre gar nicht möglich gewesen. Dafür müssen wir erst mal anfangen, mehr über Geld nachzudenken. Ich hoffe, dass dieses Buch dafür einen Anreiz gibt, weil es wirklich viele spannende und lustige Geschichten liefert, wie Geld in Hunderten von Jahren aussehen könnte. Wissen tun wir es aber wie gesagt nicht.

Wie stellen Sie persönlich sich die Zukunft des Geldes vor?

Die Frage ist, in welchem Zeitraum. Die Welt entwickelt sich immer schneller. Das macht es auf jeden Fall schwierig, Prognosen für die Zukunft abzugeben. Absehbar ist, dass Geld zukünftig digital sein wird. Was ist zum Beispiel mit Bargeld? Viele sagen, es gehe entweder digital oder analog. Aber es gibt auch Forschungen zu einer Art Zwischending: Geldscheine, die man entwerten und wieder aufladen kann. Smartes Bargeld.

Nicht nur über smartes Bargeld wird wenig gesprochen. Überhaupt die Debatte um Geld findet oft im Stillen statt. Warum?

Wenn sie denn überhaupt stattfindet. Viele haben zu großen Respekt vor dem Thema, weil wir in der Schule und auch sonst kaum lernen, was Geld eigentlich genau ist. Diesen finanziellen Analphabetismus müssen wir erst einmal angehen und beseitigen. Dann kommen die gesellschaftliche Debatte und neue, interessante Fragen von ganz alleine.

Die da wären?

Ob es zum Beispiel irgendwann einen Punkt gibt, an dem wir kein Geld mehr brauchen. Wenn durch technischen Fortschritt alles, Energie, Nahrung, Medizin und was wir sonst noch zum Leben brauchen, im Überfluss vorhanden ist. Um viele solcher Fragen dreht sich das Buch.

Sie verfolgen also mit Belletristik den Auftrag, dass wir anders über Geld reden und nachdenken?

Wir müssen Geld endlich entmystifizieren. Dafür müssen wir mehr Fragen stellen, nachdenken oder einfach selbst eine Geschichte schreiben, um auf diese Weise Gedanken zum Thema Geld zu artikulieren und sich eine eigene Meinung zu bilden. Denn das Wichtigste ist, die Angst vor Geld zu verlieren.

Das ist ein Text aus unserer Ausgabe 6/2021: Außerdem findet ihr darin 100 spannende Menschen, von denen wir im neuen Jahr Großes erwarten. Wir haben die Musik-Chefin von Youtube Deutschland im Berliner Google-Büro getroffen. Und der CEO von Reddit war in der Redaktion zu Gast und hat mit uns über Memes und WallStreetBets diskutiert. Hier gibt es das Magazin zum Bestellen.

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