Life & Style Donots: „Sei kein Arschloch, so könnte die Message lauten“

Donots: „Sei kein Arschloch, so könnte die Message lauten“

2024 feiert die Band Donots 30-Jähriges. Ein Gespräch mit Mitglied Alex Siedenbiedel über den DIY-Geist der Band, „Rock am Ring“ und ihr neues Album.

Alex, du bist nicht nur Gitarrist der Donots, sondern seit 2012 auch der Manager. Wie kam es zur Doppelrolle? 

Wir hatten uns mit unserem alten Management auseinandergelebt und lange überlegt, was wir ändern, dafür haben wir unter anderem mit unserem Mediator und unserem Anwalt gesprochen. Unser Anwalt kam auf die Idee, ob ich nicht das Management übernehmen wolle. Seinem Eindruck nach hätte ich einen guten Überblick und eben den direktesten Draht zur Band. Ich musste mir überlegen, ob das nicht merkwürdig sein würde, wenn ich zeitgleich zwei Rollen im Bandgefüge ausfülle. 

Und? Was hat am Ende den Ausschlag gegeben? 

Als Management vertrittst du die Band nach außen hin – was im Verständnis vieler häufig auch nach dem Prinzip Good Cop Band, Bad Cop Management funktioniert. Mir allerdings ist es vor allem wichtig, unsere Zusammenarbeit mit Dritten so aufzubauen, dass wir gar keinen Bad Cop brauchen. Das hat in den letzten elf Jahren gut funktioniert, und es macht jeden Tag Spaß. 

Diese ganzen administrativen Aufgaben nerven nicht? 

Es ist nicht unanstrengend. Seit 2016 haben wir wieder unser eigenes Label, das ich mit einer Kollegin gemeinsam leite. Das ist sehr viel, und es wird immer mehr. Aber dafür können wir an allen Stellen selbst entscheiden, was wir wie umsetzen wollen. Auch wenn das wirtschaftlich unvernünftig ist. Läuft es schief, fasse ich mir an die eigene Nase und lerne daraus, das ist gut. 

Wie siehst du dich mittlerweile: als Musiker oder Manager? 

Ich mache Musik. Mir ist es selbst etwas unangenehm, zu sagen: Ich bin der Manager und Label-Geschäftsführer der Donots. Deswegen benenne ich es selten so. Ich mag es lieber ungelabelt. Ich umschreibe es, indem ich sage, dass ich mich um die Abläufe im Hintergrund kümmere. 

Ihr habt abgesehen vom eigenen Label auch ein eigenes Studio und einen eigenen Verlag – ihr seid eigentlich Unternehmer.  

Ja, das ist schön und wichtig, weil wir so alles auf kurzem Dienstweg freigeben können. Es muss keine Rechtsabteilung ran, wir müssen niemanden nach den Rechten fragen, weil wir alles selbst sind. 

Vor fast 30 Jahren seid ihr englisch-sprachig gestartet. 2015 der Wechsel zu Deutsch. Wieso? 

2014 ist die Band 20 Jahre alt geworden. Zu dem Anlass wollten wir etwas Besonderes raushauen. Also haben wir unseren ersten Song auf Deutsch produziert. Das fühlte sich für uns so frisch und gut an, dass ein ganzes Album draus wurde.  

Und wie fiel damals die Resonanz der Fans darauf aus? 

Die Konzerte waren auf einmal viel intensiver, weil einfach niemand mehr etwas übersetzen musste. Alle haben gefühlt, was gesungen wird. Deshalb sind wir dabei geblieben, es fühlte sich fast wie eine Neugründung an. 

Was ist dabei konstant geblieben? 

Neben den vielen tollen Ups haben wir über die Jahre natürlich auch einige Downs erlebt, aber ich glaube, die Konstante ist: Wenn wir etwas machen, dann geben wir alles dabei, und das ohne Netz und doppelten Boden. Die Leute wissen, dass sie auf unsere Konzerte kommen und danach verschwitzt und zufrieden nach Hause gehen. 

2019 habt ihr verkündet, eine Bandpause einzulegen. War das eine kollektive Entscheidung? 

2019 haben wir noch unseren Geburtstag gefeiert, viele Konzerte gespielt und unser eigenes Festival organisiert. Das war eine atemlose Anreihung von Touren. Wir waren alle Eltern oder sind es frisch geworden, also haben wir uns zurückgezogen. Es war wie eine Art Sabbatjahr. Jeder konnte eigene Projekte verfolgen, aber im Hintergrund haben wir die ganze Zeit an unserer neuen Platte getüftelt. 

2022 das Comeback bei „Rock am Ring“. Wie war das? 

Ich habe zu den Veranstaltern gesagt: Leute, nach der langen, durch die Coronamaßnahmen bedingte Festivalpause möchten wir gerne die Band sein, die zum großen Wiederbeginn der Open Airs mit den Leuten durch den Tisch tritt. Wir hatten die Toten Hosen als Überraschungsgäste dabei. Die Stimmung war unglaublich, alle hatten Tränen in den Augen. Der Auftritt steht ganz weit oben in unserem Geschichtsbuch. 

Bei diesem Auftritt habt ihr euer neues Album „Heut ist ein guter Tag“ angekündigt. Trotziger Optimismus in Krisenzeiten?  

Wir haben das Album während der Pandemie geschrieben, das war eine anstrengende Zeit. Eine Zeit, in der es fast nur schlimme Push-Benachrichtigungen gab. Doch es war im Studio schnell klar, dass das Album so heißen wird, weil wir beim Arbeiten im Studio einfach richtig gute Tage hatten. 

Erscheint derzeit etwas zynisch. 

Ja, schaut man sich das Weltgeschehen aktuell an, muss man sagen: Es gibt viele Menschen, die gerade keine guten Tage haben. Es soll nicht so wirken, als ob uns das egal ist. Wir haben uns darüber Gedanken gemacht. Aber es ist wichtig, anzuerkennen und zu genießen, wenn man einen guten Tag hat. Deshalb haben Musik und Texte auf der Platte vornehmlich eine positive Grundstimmung, ohne dabei als zahnloses Happy-Go-Lucky-Statement daherzukommen. 

„Heut ist ein guter Tag“ erschien am 3.2.2023

Welche tiefer liegenden Messages schlummern da noch? 

Den Blick nach vorne richten und es schätzen, wenn man die Möglichkeit hat, zusammen eine gute Zeit zu haben. Bei all dem, was an Herausforderungen da draußen passiert, kann und soll jeder mit seinen kleinen Mitteln im direkten Umkreis positiv bleiben. Damit die Welt eine vernünftige bleibt. Sei kein Arschloch, so könnte die Message lauten. 

Wer in der Band schreibt jetzt die deutschen Texte? 

Wir sitzen alle zusammen und schmeißen rein, was uns einfällt. Aber die meisten Grundideen kommen von unserem Sänger Ingo. Der hat ein Dokument auf seinem Handy, auf dem er über die Jahre Textzeilen und Ideen sammelt. Er beobachtet die Welt um sich herum und horcht in sich hinein. Er hat eine besondere Art und Weise, sich auszudrücken. 

Ihr habt den Podcast „Die relaxte Kluftpuppe“. Was passiert dort? 

Wir sind etwas schlampig geworden, die letzten Folgen kamen in sehr großen Abständen. Wir wollten die Frequenz zum neuen Album wieder erhöhen, sind aber noch nicht dazu gekommen. Aber soweit ich weiß, ist es der am längsten laufende Podcast in Deutschland. Er existiert seit 18 Jahren. Und wir wollen damit weitermachen, weil es uns die Gelegenheit gibt, über den Alltag als Band zu quatschen. 

Schon mal auf die Idee gekommen, jetzt als Manager die Musik hinter dir zu lassen? 

Ich bin sehr dankbar dafür, dass wir dieses komische Musikerleben überhaupt führen dürfen. Es ist ein Geschenk. Freunde von mir sind zum Beispiel Lehrer. Manchmal denke ich, so etwas Geordneteres wäre auch cool gewesen. Aber zum Teil erzählen sie echte Horror-Mobbing-Storys aus dem Lehrerzimmer. Da bin ich doch lieber Musiker. Mit der Band fühlt sich die Arbeit nach Ausflug an, schöner kann es nicht sein. 

Da ist das Ding! Dieses Mal dreht sich in unserem Dossier alles um das ewige Leben. Was geht bei KI, Kryotechnologie, Longevity und Brain-Uploads? Außerdem: Hollywoods Indie-Genie Todd Field über Cancel-Culture, ein Graf aus Bayern begeistert die Gen Z auf Tiktok mit Benimm-Videos und wir haben uns die Startupszene von Stockholm genauer angesehen. Viel Spaß beim Lesen! Hier gibt es das Magazin zum Bestellen.

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