Leadership & Karriere Arbeiten ohne Chef: Der neue New Work Trend?

Arbeiten ohne Chef: Der neue New Work Trend?

Flache Hierarchien sind für viele Jobsuchende eine Selbstverständlichkeit. In Stellenanzeigen stößt dieser Pluspunkt trotzdem oft auf Ablehnung – vermutlich deshalb, weil Unternehmen darüber zwar gerne sprechen, es aber nicht umsetzen. Wie wäre es also mal mit dem absoluten Gegenteil von Hierarchie?

Die Rede ist vom Arbeiten völlig ohne Hierarchien und damit auch ohne Chefs. Das ist ein New Work Konzept, das es heute bereits in einigen wenigen Unternehmen gibt. Holokratie nennt sich der Fachbegriff für diese Organisationsstruktur, bei der alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Entscheidungsprozesse einbezogen werden und inflexible Hierarchien abgebaut werden. Die Prinzipien Selbstorganisation, Kybernetik, agiles Projektmanagement und kollektive Intelligenz stehen hier im Vordergrund.

Konkret bedeutet das Konzept der Holokratie, dass es ein festes Regel-Set für alle Mitarbeitenden gibt. Alle Beschäftigten des Unternehmens organisieren sich in Kreisen und nehmen darin verschiedene Rollen ein, Zuständigkeiten werden in diesen Kreisen klar definiert. Diese Kreise sind in weiteren übergeordneten Kreisen angeordnet, ihnen aber nicht hierarchisch untergeordnet, wie es in klassischen Strukturen der Fall ist. Die Führung und Verantwortung der einzelnen Kreise liegt in den dafür zuständigen Mitarbeitenden, wobei die Entscheidungen gemeinsam getroffen werden und alle Beteiligten stimmberechtigt sind. Ein gewählter Vertreter oder eine gewählte Vertreterin fungiert außerdem als Kommunikator in den nächsthöheren Kreis.

Das mag auf den ersten Blick kompliziert klingen, doch es gibt einige mutige Unternehmen, die das in einer ähnlichen Form bereits erfolgreich umsetzen. Der städtische Bauhof in Herrenberg ist eines der bekanntesten deutschen Umsetzungsbeispiele, das sich “Startup Bauhof” nennt. Hier organisieren sich die Mitarbeitenden bereits seit mehreren Jahren selbst und das sogar mit einem dynamischen Führungsteam, das jeden Monat wechselt. 

Die Ergebnisse des Konzepts sind erfolgversprechend. So melden sich seit Beginn des Projekts die Mitarbeitenden weniger krank und die Produktivität ist um 20 Prozent gestiegen. Auch Unternehmen wie das Startup “Soulbottles”, die Deutsche Bahn in ausgewählten Bereichen oder auch die Reformschule ESBZ in Berlin setzen auf dieses Konzept. Bei dem Berliner Kondomhersteller Einhorn werden Entscheidungen ebenfalls im Kollektiv getroffen, jeder hat eine Stimme – auch, wenn das manchmal anstrengend ist, wie eine Mitarbeitende berichtet.

Vorteile soll Holokratie einige haben, darunter insbesondere natürlich die Einbeziehung aller Mitarbeitenden, wodurch sich die Angestellten im besten Fall wertgeschätzt und gleichberechtigt fühlen sollen. Prozesse werden dadurch außerdem transparent und erhöhen so im besten Fall die Innovationskraft. Durch das Konzept soll auch die Entscheidungsfindung beschleunigt werden – wobei das in Anbetracht der Tatsache, dass alle Mitarbeitende zu der Entscheidung beitragen können und sollen, fraglich ist, alleine aufgrund des Organisationsaufwands.

Holokratie ist in jedem Fall nichts für alle Unternehmen. Insbesondere mit vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern verkompliziert sich die Umsetzung der hierarchielosen Führung immer weiter. Ganz ohne Chef oder Chefin geht es in vielen Fällen einfach nicht – doch auch das kann seine Vorteile haben. Denn für viele Mitarbeitende, insbesondere ohne Führungsambitionen, ist die Abgabe von Führungsaufgaben an eine oder einen Vorgesetzten eine gute Sache. Ein interessantes New Work Konzept ist die Holokratie aber allemal.

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