Productivity & New Work In space, HR can’t hear you scream? Die Zukunft der HR im Weltraum.

In space, HR can’t hear you scream? Die Zukunft der HR im Weltraum.

Gastbeitrag von Rebecca Taylor-Clarke, Head of People, Tellent.

Die Weltraumindustrie erlebt einen beispiellosen Boom, angetrieben durch technologischen Fortschritt und das zunehmende Interesse privater Unternehmen. Durch Firmen wie SpaceX und Blue Origin könnte der Aufenthalt im All bald nicht mehr nur Astronaut:innen und Superreichen vorbehalten sein. Was einst nur Sci-Fi war, könnte in einer nicht allzu fernen Zukunft zu ganz neuen Berufsfeldern führen. Doch welche einzigartigen Herausforderungen hält die Raumfahrt der Zukunft für den Bereich der Personalarbeit bereit? HR im Weltraum erfordert ein Umdenken, das weit über die herkömmliche Risikoaufklärung und Haftungsausschlüsse hinausgeht. Rebecca Taylor-Clarke, Head of People von Tellent, wagt das Gedankenexperiment und zeigt auf, was wir schon heute für die Personalarbeit auf der Erde lernen können.

Im All hat es die Arbeiterbewegung nie gegeben 

Die Privatisierung des Weltraums und die Zunahme kommerzieller Missionen bringt eine Fülle neuer Berufsfelder mit sich. Von Arbeiter:innen, die Reparatur- und Wartungsarbeiten in der Schwerelosigkeit durchführen, bis zu Ingenieur:innen, die lebenserhaltende Systeme am Laufen halten. Diese Entwicklung führt allerdings nicht nur zur Schaffung von neuen Jobs, sondern stellt Arbeitskräfte und HR-Abteilungen vor bisher unbekannte Herausforderungen. Nimmt man etwa die Astronaut:innen der ISS als Beispiel, wacht ein ganzer Stab Tag und Nacht über deren Wohlergehen. Je routinemäßiger und privatwirtschaftlich organisierter der Aufenthalt im All jedoch wird, desto kosteneffizienter wird das Management der Missionen werden. Internationale Raumfahrtregulierungen, wie der Weltraumvertrag, bieten erste rechtliche Grundlagen, doch die spezifischen Anforderungen an die Arbeit im All und die Sorgfaltspflichten von Unternehmen sind noch weitgehend ungeklärt. Da besonders die Space-Tech Unternehmen der amerikanischen Milliardäre nicht für hohe Arbeitsstandards bekannt sind, müssen jenseits der Basisaufklärung über Risiken, die Pflichten der Unternehmen im All daher neu gedacht werden. Hier gilt es nicht nur die physische Sicherheit, sondern auch die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden der Mitarbeiter:innen zu gewährleisten. Dabei spielen vermeintliche Soft Skills wie interkulturelle Kompetenz eine sicherheitsrelevante Rolle, wenn in internationalen Teams die Arbeiter:innen an der neuen Basisstation schweißen. Bereits jetzt ist es schwierig, internationales Recht und Regulierungen im Weltall durchzusetzen und mit der Entwicklung eines neuen Arbeitsrechts und neuer Sicherheitsstandards ist nicht so schnell zu rechnen. 

Der Weltraum – unendliche Herausforderungen für HR

Von der täglichen Arbeit auf einer Raumstation bis zur langfristigen Besiedlung anderer Planeten – die Zukunftsszenarien für die Arbeit im Weltraum sind vielfältig. Wie sieht die Work-Life-Balance aus, wenn man Monate oder Jahre fern der Erde verbringt? Wie gestaltet man Karrierewege und Weiterbildungsmöglichkeiten in einem Umfeld, das von extremen Bedingungen geprägt ist? Die Arbeit jenseits unseres Heimatplaneten erfordert neue Konzepte der Führung, Konfliktlösung und Teamdynamik. Ob ein simulierter Tag-Nacht-Zyklus in der Raumstation oder die Bereitstellung zuverlässiger Möglichkeiten für den Kontakt nach Hause – wie in kaum einem Arbeitsumfeld zuvor, sind Mitarbeitende ihrem Arbeitsplatz vollkommen ausgesetzt. 

Im Folgenden drei Überlegungen, was wir für die irdische Personalarbeit aus diesen Extremen ableiten können:

Auch im All mit einer starken Arbeitgebermarke überzeugen

Stellen Sie sich ein Arbeitsumfeld unter diesen Bedingungen vor: Temperaturen um die Minus 270° Celsius, in völliger Schwerelosigkeit und Einsätze, die isoliert von Freunden und Familie monate- oder jahrelang dauern. So oder so ähnlich mag es für manchen ITler klingen, wenn er ein Stellenangebot von einem mittelständischen Unternehmen in der „Provinz“ erhält. Doch diese vermeintlich unattraktiven Positionen können durch eine angemessene Vergütung und andere Anreize plötzlich an Attraktivität gewinnen. So kann der ITler auch überzeugt werden, wenn man nicht das Silicon Valley ist, aber dafür zeigt, wie man als Hidden Champion mit seiner Unterstützung einen gesellschaftlichen Mehrwert schaffen kann. Eine starke Arbeitgebermarke, die die Vorzüge der Arbeit in dem Unternehmen authentisch hervorhebt, kann dazu beitragen, Talente anzuziehen und langfristig zu binden. Auch wenn die Relevanz einer starken Employer Brand schon länger bekannt ist, verdeutlicht der Blick ins All die Notwendigkeit, mögliche Vorbehalte Arbeitnehmer:innen aufzugreifen und neue Anreize zu setzen.

Klare Strukturen und offene Kultur als Erfolgsfaktor

Für Weltraummissionen sind klare Hierarchien entscheidend, um eine effektive Entscheidungsfindung und Koordination zu gewährleisten. Der Kommandant spielt dabei eine zentrale Rolle, doch auch die anderen Teammitglieder müssen offen sprechen können und Fehler kommunizieren. Diese Kombination aus klaren Strukturen und einer offenen, fehlerfreundlichen Kultur ist auf Weltraummissionen überlebenswichtig, da verschleppte Fehler Menschenleben kosten können. Auch in einem nicht lebensbedrohlichen Umfeld ist es wichtig, eine Kultur zu etablieren, die Autonomie ermöglicht und gleichzeitig klare, aber unkomplizierte Hierarchien schafft. Lange Zeit galten flache Hierarchien als das “Non plus ultra” der neuen Arbeitswelt. Doch gleichzeitig führt die unüberlegte Umsetzung häufig dazu, dass Hierarchien impliziter und Verantwortungen diffuser werden. Darüber hinaus muss auch eine offene Kommunikation und die Bereitschaft, Fehler einzugestehen, durch einen entsprechenden Führungsstil vorgelebt werden. In einer Umgebung, in der eine gute Fehlerkultur gefördert wird, können alle Teammitglieder Verantwortung übernehmen und gemeinsam zum Erfolg der (Unternehmens-)Mission beitragen.

Jenseits des Arbeitsumfeldes

Es ist wichtig, dass Unternehmen den ganzen Menschen sehen und nicht nur die Rolle, die sie im beruflichen Kontext einnehmen. Mitarbeitende bringen ihr Privatleben mit ins Büro oder ins Homeoffice, und Unternehmen sollten dies anerkennen. Auch wenn es einfacher ist, das Büro oder Homeoffice zu verlassen als eine Raumstation, die weit von der Erde entfernt ist, bedeutet das nicht, dass persönliche Angelegenheiten keine Rolle spielen. Nicht nur im All ist es entscheidend für den Erfolg, dass es den Crewmitgliedern physisch, emotional und mental gut geht. Indem Unternehmen den nötigen Raum dafür lassen und eine unterstützende Kultur fördern, können sie das Wohlbefinden ihrer Mitarbeitenden stärken und langfristig eine gesunde Arbeitsumgebung schaffen.

Zurück zur Erde

In den Visionen einiger Tech-Milliardäre zur Besiedelung des Mars und dem Erzabbau auf Asteroiden liegen Dystopie und Utopie oft nah beieinander. In der Science-Fiction begegnen wir unzähligen düsteren Visionen der Zukunft – dystopische Szenarien, die Zukunftsängste und Bedenken widerspiegeln. Doch diese Sci-Fi-Albträume haben häufig reale Vorbilder. Von Orwells „1984“ bis hin zu den postapokalyptischen Landschaften von „Mad Max“, finden wir in der Science-Fiction zahlreiche Parallelen zu unserer Geschichte, aber auch unserer Gegenwart.

Science-Fiction ist daher weit mehr als reine Fantasie; sie fungiert als Spiegel der Gesellschaft und liefert einen kritischen Kommentar, der uns auffordert, unser Handeln und unsere Entscheidungen zu hinterfragen. Das Spielen mit Ideen, die über unseren Alltag hinausgehen und das Entwickeln von Szenarien, die unsere Vorstellungskraft herausfordern, kann uns deshalb auch dabei helfen, Lösungen für Probleme in der Personalarbeit zu finden, denen wir bereits heute gegenüberstehen.

Selbst wenn wir uns in die Weiten des Weltraums träumen, dürfen wir daher nicht vergessen, dass unsere aktuellen Herausforderungen nicht einfach verschwinden. Die Erde braucht nach wie vor unsere Aufmerksamkeit und unsere Anstrengungen, um die dringenden Probleme anzugehen, denen wir aktuell gegenüberstehen – auch die Kolonialisierung des Mars wird uns nicht davon befreien.

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