Deluxe & Destinations Namaste, Nirwana – und ein bisschen Nussmilch

Namaste, Nirwana – und ein bisschen Nussmilch

Wie der Sonnhof in Tirol zeigt, dass Ayurveda mehr sein kann als dampfende Teetassen und Stirnöl-Folklore.

Der Morgen beginnt mit goldener Hirse, warmem Ghee und einem Schluck selbstgemachter Mandelmilch. Keine Glocke, kein Gong. Nur ein sanftes „Guten Morgen“ vom Serviceteam und der Duft nach frisch gekochtem Kitchari, der wie ein Versprechen durch das lichtdurchflutete Restaurant des European Ayurveda Resort Sonnhof zieht. Die Welt ist da draußen geblieben – irgendwo hinter Kufstein – und hier drinnen liegt Tirol wie in Watte gepackt.

Seit dem Umbau im Sommer 2024 wirkt das familiengeführte Haus nicht wie ein frisch aufgehübschtes Hotel, sondern wie ein Ort, der sich neu gefunden hat. Kein überinszenierter Spa-Schuppen, sondern ein intimer Rückzugsraum für Menschen, die mehr wollen als nur ein Wochenende Auszeit. Menschen, die – wie die charismatische Gastgeberin Elisabeth Naschberger-Mauracher – spüren, dass Gesundheit nicht im Außen beginnt, sondern ganz tief drinnen.

Ayurveda – aber bitte mit System

Im Sonnhof geht es nicht um Massagen, sondern um Medizin. Genauer gesagt: um European Ayurveda®, eine Form des traditionellen indischen Wissens, das hier an die Bedürfnisse der westlichen Welt angepasst wurde – wissenschaftlich begleitet, individuell dosiert und mit einer Ernsthaftigkeit betrieben, die man sonst nur aus Privatkliniken kennt.

Ein Gespräch mit Elisabeth Naschberger-Mauracher – ausgebildete Ayurveda-Expertin, Ernährungstrainerin und Visionärin mit Yoga-Diplom – fühlt sich weniger an wie ein Interview, sondern eher wie eine Session mit einer sehr wachen, sehr aufmerksamen Mentorin. „Wir wollen Menschen berühren – nicht nur am Rücken, sondern im Innersten“, sagt sie. Deshalb hat sie die letzten Jahre genutzt, um nicht nur das Haus baulich weiterzuentwickeln, sondern auch die Philosophie zu verfeinern. Die neue Ayurveda @Home App, die ab 2025 gelauncht wird, ist nur der nächste konsequente Schritt – eine Art digitales Mantra für alle, die ihr inneres Gleichgewicht zwischen Zoom-Call und Zugfahrt suchen.

Körperlesen und Kräuterkompressen

Bevor ich mich in die flauschige Ayurveda-Decke hülle, geht es zum Arzt. Dr. Sharma, ein besonnener Mediziner aus Nordindien, tastet meine Handgelenke, schaut mir tief in die Augen und nickt. Mein Dosha? Vata-Pitta, unausgeglichen, nervös, aber mit Feuer. Ich soll warm essen, viel schlafen und abends keinen Laptop mehr auf dem Schoß haben. Eine Diagnose wie eine Liebeserklärung an das einfache Leben.

Danach geht’s in einen der neuen Behandlungsräume: warmes Sesamöl fließt über Rücken, Beine, Haaransatz. Ich spüre die Hände der Therapeutin, wie sie rhythmisch den Stress aus meinem System drückt – und aus dem Nebenraum höre ich das leise, zufriedene Schnarchen einer Münchner Unternehmerin, die sich in eine Seidenbettrolle gewickelt hat. Später beim Tee erfahre ich: Sie kommt seit sieben Jahren her, zweimal im Jahr. Detox, Reset, Reboot. „Ayurveda ist wie ein Neustart für den Lebensfilm“, sagt sie, „nur ohne Schnitt und Kamera.“

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