Productivity & New Work Leadership-Coach Saskia Vellguth: „Ein Chef sollte wie ein Gärtner sein“

Leadership-Coach Saskia Vellguth: „Ein Chef sollte wie ein Gärtner sein“

Wenn Neugier aufeinander so wichtig ist, dann sicher auch Sympathie.

Sympathie ist immer gut, aber sie kann auch zu Wahrnehmungsverzerrungen führen. Wenn man mit jemandem zusammenarbeitet, der einem sympathisch ist, sieht man seine Fehler nicht. Umgekehrt genauso: Wenn mir jemand unsympathisch ist, sehe ich vielleicht die Stärken nicht, weil ich nur noch das fokussiere, was mein Bild bestätigt.

Was heißt das nun?

Für einen ersten Schritt ist Sympathie hilfreich, aber wichtig ist, dass man reflektiert, dass einem ein Mensch sympathisch ist und dass das eben zu einer Wahrnehmungsverzerrung führt. Man muss sich seiner eigenen Rolle immer bewusst sein. Das heißt, man kann natürlich abends zusammen auf eine Party gehen, in dem Kontext ist man vielleicht befreundet. Aber wenn man zusammenarbeitet, ist man Teil eines Teams und hat wieder eine andere Rolle.

Es gilt also die alte Weisheit: Berufliches und Privates trennen.

Ja, das ist in unserem Arbeitskontext und unserer Kultur hilfreich. Was aber nicht heißt, dass man nicht freundlich miteinander sein kann.

Was halten Sie von Team-Events?

So etwas ist essenziell, denn es ist hilfreich für die Zusammenarbeit, wenn man auch den Menschen kennenlernt und nicht nur die Rolle im Team sieht.

Wie oft sollte das stattfinden?

Einmal pro Woche ist prima. Es müssen ja nicht immer alle dabei sein, aber es sollte zumindest den Rahmen dafür geben. Und zusätzlich sollte man immer Erfolge feiern.

Für den Ego-Boost?

Ja, das macht Spaß, erhöht den Zusammenhalt und tut dem Selbstwert eines Teams gut. Das hat was damit zu tun, auch mal auf sich selber stolz sein zu dürfen. In unserer Kultur ist das leider nicht so ausgeprägt. Es müssen ja keine großen Events sein, aber einfach mal anstoßen oder zusammen etwas essen gehen fördert den Teamspirit und ist total motivierend.

Mit den zwei obligatorischen Betriebsausflügen im Jahr ist es also nicht getan.

Nein. Einmalige Incentives sind ganz nett, aber es ist viel wichtiger, dass Anerkennung in Unternehmen selbstverständlich ist und wirklich gelebt wird. Vor allen Dingen sollte Anerkennung auch spezifisch passieren.

Wie meinen Sie das?

Dass man jemandem nicht nur sagt, dass er einen guten Job macht, sondern sich auf konkrete Situationen bezieht. Ein Beispiel: „Hey, ich habe vorhin das Kundengespräch mitgehört, da hast du gesagt: ‚Ich kümmere mich um Ihr Anliegen und rufe Sie in einer halben Stunde zurück.‘ Das hat mir wirklich gut gefallen, weil mir wichtig ist, dass wir serviceorientiert arbeiten.“ So etwas muss man nicht ständig machen, aber pointiert und aus dem Moment heraus. Und nicht nur von Chef zu Mitarbeiter, sondern auch unter Kollegen. Ich bin überzeugt, daran wachsen Menschen.

Wenn das Zwischenmenschliche für die Zusammenarbeit so wichtig ist, was halten Sie dann von Remote-Arbeit. Kann ein Team, das nur digital miteinander verbunden ist, überhaupt gute Ergebnisse erzielen?

Ja. Gerade in internationalen Konzernen ist es heute ganz normal, dass es keine ständigen Teams mehr gibt. Da werden die Mitarbeiter für jedes Projekt neu zusammengewürfelt und arbeiten dann von überall aus der Welt daran.

Was sind die Voraussetzungen, damit das funktioniert?

Bevor es losgeht, müssen sich alle an irgendeinem schönen Ort auf der Welt treffen, zwei Tage zusammen verbringen und sich kennenlernen. Klar werden da auch die Ziele thematisiert, und jeder stellt sich mit seinen Kompetenzen vor, aber der Fokus ist auf Teambildung. Und dann kann man loslegen, virtuell miteinander zu arbeiten. Natürlich muss man sich von Zeit zu Zeit immer mal wieder treffen und auch Erfolge feiern. Und wenn es schwerwiegende Konflikte durch Missverständnisse gibt, kann man das auch nicht virtuell lösen. Also es gibt ein paar Anlässe, da muss man sich wirklich begegnen.

 

Der Artikel stammt aus unserer aktuellen Ausgabe. Titelstory: Wie das Fleischersatz-Startup Beyond Meat vom Weltverbesserereinfall zur milliardenschweren Company wurde – womit Gründer Ethan Brown gar nicht gerechnet hatte. Außerdem starten wir zum ersten Mal unser Reputationsranking „Top Companies für digitale Talente“, welches Orientierung geben und anhand von Case-Studies zeigen soll, wie die Digitalisierung der Arbeitswelt in ausgewählten Unternehmen vom Startup bis zum Konzern angegangen wird. Für mehr Infos hier entlang.

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