Leadership & Karriere Wie ein Tabakkonzern die Welt rauchfrei machen möchte

Wie ein Tabakkonzern die Welt rauchfrei machen möchte

Bei Philip Morris International findet mit der Marke Iqos ein extremer Shift statt. Wer sind die Menschen hinter dem Turnaround in Lausanne?

von Laurenz Wagenmacher

Das Hightech-Unternehmen sitzt an einem Hang, viel Glas und Beton, die einzelnen, knapp zehn Etagen liegen terrassenförmig und flächig übereinander. Alle Ebenen sind durch Rolltreppen miteinander verbunden. Von jeder Etage aus hat man einen Blick über den sonnigen Genfer See, der gerade mal ein Rauchpause-Schlendern entfernt ist. Hier findet einer der interessantesten Prozesse statt, die sich in der Weltwirtschaft gerade beobachten lassen.

Es kommt nicht alle Tage vor, dass ein Konzern sich ganz öffentlich vom Kernprodukt lossagt. Und mit lossagen ist gemeint, dass der Konzern ganz unumwunden empfiehlt, dieses so zentrale Produkt nicht länger zu nutzen. Bei Philip Morris International (PMI), dem plötzlichen Hightech-Unternehmen, klingt das konkret so: Wer nicht raucht, sollte erst gar nicht anfangen. Wer raucht, sollte aufhören. Wer das nicht schafft, sollte auf eine verträglichere Alternative umsatteln, etwa Iqos. Diese drei Schritte stammen aus der „Unsmoke“-Kampagne von PMI, mit der der Konzern seit einigen Monaten ganz bewusst am Kerngeschäft Zigaretten sägt.

Man stelle sich vor, Mercedes würde morgen mit „Undrive“ seine Benzinerlimousinen und SUVs diskreditieren. Oder Airbus mit „Unfly“ darauf hinweisen, dass sie zwar weiterhin Passagier- und Cargo-Jets bauen, aber eigentlich gerade viel mehr in den Ausbau des Schienennetzes investieren.

Von außen deutet nicht viel darauf hin, dass man sich hier die derzeit interessantesten Fragen der Wirtschaft stellt (Foto: Lea Kloos)

Wie dem auch sei, man spürt die Marketingpower, die Kriegskasse. In jeder Stadt poppen einem Iqos-Werbeplakate entgegen. An der Supermarktkasse liegen Infoheftchen aus, die das neue Produkt erklären. Luftige Iqos-Stores sind in die besten Objekte des Einzelhandels eingezogen.

Das alles erscheint Lichtjahre entfernt vom Marlboro-Mann, diesem einst so mächtigen, diesem so unverrückbaren Symbolbild nicht nur einer einzelnen Marke, sondern der gesamten angeschlossenen Milliardenindustrie. Was ist da passiert?

Bye-bye, Cowboy

Iris Brand sagt: „Wir verkaufen keine Träume mehr. Wir verkaufen eine Funktionalität.“ Sie war zwei Jahre in der Unternehmenskommunikation von PMI, wechselte kürzlich den Bereich. Zwar findet man im Gebäude hier und da noch antik wirkende Anzeigen und Fotos, auf denen der alte Cowboy vor Westernpanorama triumphiert. Doch Brand weiß, dass nach außen hin etwas anderes her muss. Brand selber verkörpert den Wandel recht passend. Sie sagt, dass sie es früher abgelehnt hätte, für einen Zigarettenhersteller zu arbeiten. Nach einigen Gesprächen war sie aber doch neugierig: Alle Welt redet von Neuerfindung und Veränderung. Was aber bedeutet es wirklich, bei einem Unternehmen zu arbeiten, das sich transformiert?

Brand war vorher bei Mars und beim Dairy-Hersteller Bel, sie ist es gewohnt, mit Themen wie Zucker- und Futtermittelproblematik umzugehen und sie zu moderieren. Ihre Rolle bei PMI sieht sie auch als Geschichtenerzählerin, und „Iqos ist eine Geschichte, die kann man extrem gut erzählen“. Sie ist sich bewusst, dass sie für kein gesundes Produkt steht, sondern für ein weniger schädliches: „Ein gesundes Produkt ist ein Apfel.“

Die neue Strategie des Konzerns: Heating! (Foto: Lea Kloos)

Wobei der Footprint von Iqos noch überschaubar, wenn auch wachsend ist. Die sogenannten Reduced-Risk Products machten bei PMI im letztens Quartalsbericht 17,6 Prozent aus, hoch von elf Prozent im Jahr davor. Setzt der Konzern auch alles daran, die Zigarette zu ersetzen, wird dies nicht morgen passieren. Iqos ist ganz klar als langfristige Wette aufgestellt, die sich wer weiß wann auszahlen wird.

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