Innovation & Future Kolumne: Die nächste große Innovationswelle kommt aus dem Weltraum

Kolumne: Die nächste große Innovationswelle kommt aus dem Weltraum

Einmal im Monat versorgt euch unsere Kolumnistin Céline Flores Willers mit hilfreichen Tools und wichtigen Learnings aus dem Innovations-, Entrepreneurship- und Tech-Bereich.

Neun Jahre. So lange sind keine Astronaut*innen mehr von amerikanischem Boden aus ins All gestartet. Neun Jahre sind eine lange Zeit, wenn man bedenkt, was sich währenddessen hier unten auf der Erde abgespielt hat – Instagram wurde 2010 gegründet.

Am Samstag den 30. Mai 2020 um 21:22 Uhr war es dann soweit: Die Astronauten Bob Behnken und Doug Hurles brachen vom Kennedy Space Center in Florida in Richtung ISS auf. Ein besonderes Ereignis: Es ist das erste Mal, dass die NASA auf eine Rakete eines privaten Raumfahrunternehmens zurückgreift. Die Rede ist von SpaceX, dem Raumfahrtunternehmen von Elon Musk, das mit seinem ersten Raketenstart am Samstag die „New Space Revolution“ gehörig angetrieben hat.

Old Space vs. New Space – was bedeutet das?

Wie oft wir auf der Erde mit den Errungenschaften aus der Raumfahrt in Berührung kommen, wurde mir im letzten Jahr besonders bewusst, als ich den Weltraumkongress in Berlin moderiert habe. Unser Leben, wie wir es kennen, wäre ohne die Weltraumindustrie nicht möglich.

Wir alle nutzen fast täglich Navigationssysteme und profitieren dabei von den Satelliten im Weltraum, die unserer Orientierung im Straßenverkehr buchstäblich den Weg ebnen. Kein Containerschiff startet ohne Navigation über das Meer. Unsere Shopping-Pakete gelangen nur mithilfe von Satelliten zu uns. Die Nutzung von Telekommunikation und dem Internet, um miteinander in Kontakt zu treten? Ohne satellitenbasierte Datenübertragung nicht möglich. Babynahrung, Materialien für Sportbekleidung, kratzfeste Gleitsichtbrillen, ja sogar der Akku-Schrauber – all diese kleinen und großen Alltagshelfer haben ihren Ursprung in der Raumfahrt.

Auch für Zukunftstechnologien, in die große Hoffnungen gesetzt werden, ist die Raumfahrt ein wichtiger Schlüssel. Für das autonome Fahren muss das Fahrzeug beispielsweise Daten in Echtzeit austauschen und empfangen können. Eine lückenlose Breitbandinfrastruktur ist dafür unabdingbar – und kann mit Satellitenkommunikation sichergestellt werden. Sprich: Ohne Satelliten im Weltraum gibt es kein autonomes Fahren.

Die Wichtigkeit der Informationstechnologie in der Raumfahrt wächst beständig. Das haben auch private Unternehmen erkannt und treiben den Übergang vom „Old Space“ zum „New Space“ voran. Was bedeutet das?

Lange Zeit war die Raumfahrt ein Privileg von Wenigen. Jahrzehntelang wurden Raumfahrtprojekt und Missionen von öffentlichen Institutionen in Auftrag gegeben, von Staaten oder großen Raumfahrtagenturen. Das „New Space“ gehört jedoch Start-ups, etablierten und privaten Unternehmen, die die kommerzielle Weltraumnutzung fokussieren. Sie treiben Bereiche wie die Datenverarbeitung, die Satellitentechnik, neue Start- und Trägersysteme und sogar den Weltraumtourismus vorant. Und: Das „New Space“ gehört den Staaten, die bereit sind, in diese Unternehmen zu investieren.

Foto via bundesregierung.de/breg-de

Was wir tun müssen? Investieren!

Der wichtigste Kunde von Elon Musks SpaceX? Die US-Regierung. Ohne das Wohlwollen der amerikanischen Regierung und der NASA hätte SpaceX vermutlich nie eine realistische Chance gehabt – das meint Grigorij Richters, Co-Initiator des internationalen Asteroiden-Tages.

100 Millionen Dollar erhielt SpaceX beispielweise von der amerikanischen Regierung für den Start der Falcon 9 Rakete. Darüber hinaus erhalten Anbieter von Startdienstleistern Abnahmegarantieren von der Regierung. Diese langfristigen Verträge sind eine Finanzierungshilfe für Unternehmen wie SpaceX, die es ihnen ermöglichen, die technologische Weiterentwicklung voranzutreiben.

Es kommt zu einem wechselseitigen Profitieren, denn die USA sind durch die Unterstützung der kommerziellen Weltraumnutzung selbst am Boom der New Space-Branche beteiligt.

Foto: bdi.eu/stories/Space/

Meine These: Die nächste große Innovationswelle kommt aus dem Weltraum.

Heute stammen weder die großen E-Commerce Player aus Deutschland, noch die weltbeherrschenden Social Media Netzwerke. Das Abertausendste deutsche E-Commerce-Start-up wird den Vorsprung unserer amerikanischen und chinesischen Mitstreiter*innen nicht aufholen können. Wir müssen jetzt dahin schauen, wo in Zukunft die relevanten Geschäftsmodelle entstehen. Es fehlen uns in Europa – wie so oft – die Visionen und das Vertrauen in revolutionäre Ideen.

Wenn wir jetzt nicht mit entsprechenden Investitionen in den Weltraummarkt einsteigen, werden Deutschland und Europa erneut den Anschluss verpassen. Die europäischen Staaten müssen bereit sein, gemeinsam hohe Summen zu investieren, um unsere Autonomie zu bewahren.

Lasst uns doch diesmal vorausdenken, um in der Champions-League zu spielen. Denn sonst kommen die Facebooks, Googles und Amazons des Weltraums erneut nicht aus Europa, sondern aus der Feder der altbekannten, großen Player.  

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