Life & Style The New Social: Drei App-Macher, die den Status quo im Social-Media-Game herausfordern

The New Social: Drei App-Macher, die den Status quo im Social-Media-Game herausfordern

Angriff auf die Riesen aus dem Valley und China: Mit Pingmazing, Subs und Fuego wollen drei Apps aus Deutschland Social Media neu ordnen. Aber wie?

Sommer in München: Die beiden Freunde Christian Vogel und Danny Lützelberger sitzen mit ein paar Leuten im Biergarten. Wie üblich sprechen sie über das vergangene Wochenende. Sie bemerken, dass sie alle am See waren, es aber nicht voneinander gewusst hatten.

Und das, obwohl sie auf verschiedenen Social-Media-Plattformen miteinander vernetzt und dort ständig in Kontakt sind. Wie kann das sein, fragt sich Vogel. Warum gibt es keine Plattform, auf der zukünftige Pläne geteilt werden und nicht nur über Vergangenes gepostet wird?

Aus diesem Gedanken ist die App Pingmazing hervorgegangen. Dahinter steckt das Münchener Startup Canny Innovation, das Vogel und Lützelberger 2019 gegründet haben. Pingmazing ist eine von drei aufstrebenden Social-Media-Plattformen im deutschsprachigen Raum, die die sozialen Medien mit einem alternativen Konzept nachhaltig verändern wollen.

Servus, Pingmazing!

Nachdem im Herbst vergangenen Jahres der Prototyp von Pingmazing erstmals online ging, haben Vogel und Lützelberger im Februar 2020 die Betaversion gelauncht. Auf der Plattform kann man sich mit Freund*innen über zukünftige Aktivitäten austauschen.

Im Fokus der App steht alleinig das interaktive Planen von gemeinsamen Unternehmungen – ein erster Punkt, in dem sich Pingmazing deutlich von herkömmlichen Social-Media-Plattformen unterscheiden will.

Übliche Belohnungssysteme wie Likes, Kommentare und Sharings existieren zwar, sollen aber eher in den Hintergrund der App treten: „Die Nutzer*innen sollen in keine Suchtspirale kommen oder zu tief in die App eintauchen, sondern lieber an der Oberfläche bleiben“, sagt Vogel. „Es geht darum, zu sehen und zu teilen, was andere machen, und nicht um stundenlanges Scrollen.“

Wenn Co-Gründer Danny Lützelberger nicht an Pingmazing schraubt, leitet er Skitouren (Foto: Pingmazing)

Lützelberger ergänzt, dass es dabei vor allem um die drei Bausteine Socializing, Fascination und Inspiration gehe: „Socializing bedeutet, dass man möglichst einfach und schnell sieht, wann welche Nutzer*innen Zeit haben. Fascination heißt, andere Leute mit denselben Interessen und Gemeinsamkeiten kennenzulernen.“ Bei der Inspiration gehe es darum, den Nutzer*innen verschiedene Aktivitäten vorzuschlagen, auf die sie sonst vielleicht nicht gekommen wären.

Klingt ziemlich social, wenn man sich die herkömmliche Definition des Wortes mal ins Gedächtnis ruft. Anders sieht es bei den Plattformen Facebook oder Youtube aus. Und genau das ist auch die Kritik der Pingmazing-Gründer an den aktuellen Social-Media-Giganten: „Bei herkömmlichen Plattformen werden keine sozialen Beziehungen gestärkt, die Leute kommen nicht zusammen. Es ist eher ein Wettrennen von Likes und Bilderhochladen.“

Lützelberger geht sogar noch einen Schritt weiter in seiner These: „Social Media hat es nie wirklich gegeben. Eine Plattform, auf der man nur versucht, sich anders darzustellen, ist eigentlich keine Social-­Media-Plattform, sondern überspitzt gesagt eine Schaufenster-App.“

Pingmazing-Co-Gründer Christian Vogel ist gelernter Wirtschaftsingenieur und liebt die Berge (Foto: Pingmazing)

So polemisch diese Aussage auch sein mag: Lützelberger will hier ein Problem angehen, das allgegenwärtig ist und gegen das bisher trotzdem nichts unternommen wurde. Gerade Giganten wie Instagram oder Facebook leben nämlich hauptsächlich von der Selbstdarstellung ihrer Nutzer*innen, die von Konkurrenz und Machtgehabe getrieben scheinen. Ein virtueller Wettbewerb zwischen Nutzer*innen, der mittlerweile nicht mehr kontrollierbar ist.

Klar: Heute ist Social Media ein weltweites Phänomen, an dem schon lange Milliarden Menschen teilhaben. Ein Social Life ist für die Mehrheit selbstverständlich. Dabei hat Social Media überhaupt erst in den 90er-Jahren angefangen – und das auch eher schleppend.

1996 kam ein israelisches Startup mit ICQ um die Ecke: dem ersten internetweiten Instant-Messaging-Dienst. Zwar bei Weitem keine Social-Media-Plattform, wie wir sie heute kennen, aber ein großer Schritt in diese Richtung. Nutzer*innen konnten sich auf ICQ virtuell austauschen und Vorläufer von Emojis hin und her schicken. Damals sensationell, heute höchstens ein Achselzucken wert.

Erst 1999 erschienen die ersten WAP-fähigen Handys auf dem Markt, bei denen man allerdings den Internetbutton besser nicht anrührte – das wurde teuer.

Und dann kam 2003 das Phänomen Myspace: die erste Plattform, auf der Nutzer*innen kommunizieren und Bilder, Videos oder Musik hochladen konnten. Weckt vielleicht nicht bei allen warme Erinnerungen, der Hype war nur von kurzer Dauer.

Schon seit 2004 beherrschen die Social-Media-Riesen Facebook und Youtube den Markt, nach wenigen Jahren mit Nutzerzahlen in Milliardenhöhe. Doch vor allem die Aktivitäten von Facebook zeigen, dass es nicht mehr einfach nur ums Socializen geht.

Der Quasimonopolist erreicht mit mehr als zwei Milliarden Nutzer*innenn pro Tag mehr Menschen als jede Tageszeitung und jeder Fernsehsender. Vor Konkurrenz muss sich die übermächtige Plattform eher nicht fürchten.

Trotzdem haben immer mal wieder Player versucht, Facebook vom Thron zu stoßen. Google zum Beispiel: Google Plus sollte legendärerweise die Social-Media-Welt für sich erobern. Vergeblich. Nach zwei Datenpannen hat Google die App wieder dichtgemacht.

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