Leadership & Karriere Kolumne: Wie ich zur Gründerin wurde

Kolumne: Wie ich zur Gründerin wurde

von Lea-Sophie Cramer

Mein Element ist der Anfang, Gründen meine Berufung.

Das weiß ich heute, aber ich wusste es nicht immer. Drei Fragen und Situationen haben mich zur Unternehmerin gemacht.

Erstens: Wo bin ich in meinem Element? Das Pinguin-Prinzip.

Mein absolutes Lieblingsvideo ist Eckart von Hirschhausens „Pinguin-Prinzip“. Da erzählt Hirschhausen von einem Zoobesuch, bei dem er einen Pinguin beobachtet und denkt: ein Vogel mit viel zu kleinen Flügeln, untersetzter Statur, der nicht fliegen kann – absolute Fehlkonstruktion. Bis der Pinguin ins Wasser springt und zeigt, wofür er eigentlich gemacht ist: fürs Schwimmen. (Investiert in diese drei Minuten Youtube.)

Die Lehre des Pinguin-Prinzips: Wir sind nur so gut, wie die Umgebung es zulässt. Wir brauchen eine Umgebung, in der es auf unsere persönlichen Stärken ankommt und die Schwächen weniger ins Gewicht fallen. Für mich ist es das Unternehmertum.

Ich treffe gerne schnelle, mutige Entscheidungen, liebe ständige Veränderung und bin ein Trüffelschwein für Ideen. Mein Zuhause ist die Startup-Welt. Aber: Excel bis auf den letzten S-Verweis kontrollieren, Prozessen perfekt folgen oder lange in der Planung zu verharren? Lea im Controlling eines Großkonzerns ist genauso verkehrt wie ein Pinguin in der Wüste.

Zweitens: Was ist mir wichtig? Selbstwirksamkeit first.

Ich weiß noch, wie ich während meines Studiums Freund*innen an der WHU besucht habe und überrascht war, dass sie Unternehmer*innen werden wollten – ohne eine Idee zu haben.

Heute verstehe ich, was sie schon damals an dem „Beruf Unternehmer*in“ gereizt hat: Selbstwirksamkeit, Freiheit, Eigenverantwortung.

Dass mir diese drei Werte wichtig sind, habe ich vor allem gemerkt, als sie mir fehlten. Als Uniabsolventin bei der Unternehmensberatung BCG habe ich noch in der Probezeit gekündigt. Zu stark war der Drang, etwas selber zu machen, niemandem Rechenschaft ablegen zu müssen und schneller auszuprobieren, zu lernen und neu zu versuchen.

Lea-Sophie Cramer: Die Unternehmerin hat den Erotikhändler Amorelie aufgebaut und an Pro Sieben Sat 1 verkauft. Ende 2019 stieg sie als CEO aus. Mittlerweile ist Cramer als Business-Angel bei Starstrike Ventures und als Beiratsmitglied tätig. (Foto: Patrycia Lukas)

Drittens: Was fasziniert mich? Startup-Szene als Faszination.

Während des Studiums und meiner Zeit in der Beratung habe ich die Startup-Szene von der Seitenlinie aus mit Faszination beobachtet: Wer gründet was? Wo wird wie viel investiert? Wie entstehen Erfolge? Ohne viel Ahnung oder Netzwerk zu haben, wusste ich: Da will ich eine Rolle spielen.

Zum Glück habe ich über ein paar Ecken Oliver Samwer kennengelernt und einfach „Ja“ gesagt, als er mich zu Rocket Internet holen wollte. Für mich ein Zeitpunkt, von der Seitenlinie aufs Spielfeld zu wechseln und die Szene von innen kennenzulernen.

Mut zu springen: „The lightness of being a beginner again“.

Das Leben wird vorwärts gelebt und rückwärts verstanden. Heute weiß ich, was meine Stärken sind, welche Werte mir wichtig sind, was mich inspiriert und dass die Schlussfolgerung aus diesen Erkenntnissen ist: Unternehmerin zu werden.

Als ich mit Sebastian Pollok 2013 Amorelie gegründet habe, hatte ich keine Stärken/Schwächen-Liste erstellt und keinen Wertecheck mit meinem Co-Gründer gemacht: Wir sind einfach gestartet. Mit dem Ziel, ein profitables Unternehmen aufzubauen und auf dem Weg so viel wie möglich zu lernen. Kein Plan vom Mega-Exit oder dem nächsten Google.

Die Königsdisziplin für Gründerinnen und Gründer ist, groß zu denken, aber vorsichtig mit ihren Erwartungen zu bleiben. Unser Mantra ging so: Am Anfang kann es ja nur bergauf gehen. Denn vor der Gründung waren wir bei null – und weniger als null geht nicht.

Dieser Anfangsoptimismus ermutigt mich auch heute, wenn ich als Unternehmerin über die nächste Gründung nachdenke. Einen Satz von Steve Jobs habe ich dabei immer im Kopf: „The hea­viness of being successful is replaced by the lightness of being a beginner again.“

Das ist das eigentlich Wunderbare am Unternehmertum: Es gibt immer wieder Neuanfänge. Und der Anfang ist mein Element.

Freunde und Freundinnen, zum Abschluss des Jahres das Beste – und die Besten: 100 Menschen aus allen wichtigen Branchen, die ihr 2021 auf dem Zettel haben müsst. Unbekannte, Bekannte, Überraschende, die alle eine Sache eint: Das kommende Jahr wird ihr Jahr, und wir erzählen, was sie vorhaben. Die ganze Liste der 100 Gründer*innen, Macher*innen und Kreativen jetzt in der neuen Ausgabe von Business Punk am Kiosk – oder natürlich im Abo: shop.business-punk.com.

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