Green & Sustainability Mit Tools zur Körper- und Kleidervermessung gegen den Retourenwahnsinn

Mit Tools zur Körper- und Kleidervermessung gegen den Retourenwahnsinn

Doch nicht nur für die Kund*innen zu Hause hat Kaminskis Lösung einen Mehrwert. Auch die Onlinehändler*innen sollen von Sizze profitieren, und zwar massiv. Genauer: um 1,9 Milliarden Euro. Auf diese unglaublich große Zahl belaufen sich nämlich die Kosten der weltweiten Retouren jedes Jahr. Jeder Onlineshop zahlt im Durchschnitt 15 Euro für eine einzige Rücksendung. Die Kosten setzen sich aus Transportweg, Reinigung und Entsorgung zusammen. Sizze verspricht, genau diese Kosten zu sparen.

Für Kaminski ist jedoch ein anderes Argument ausschlaggebend: CO2-Emissionen einzusparen. Sie spricht von rund 500 Gramm CO2, die pro Paket gespart würden. „Ich kann nicht verstehen, warum die Onlinehändler*innen heute noch nicht nachhaltig aufgestellt sind und immer noch alles in Plastik hin und her schicken“, sagt sie. Auch wenn Sizze noch in der Testphase ist, hat Kaminski große Ambitionen: „75 Prozent der Retouren sind größenbedingt. Ich glaube, dass wir mit Sizze 50 Prozent dieser Retouren reduzieren können. Vorerst in Deutschland – und später auch in Europa und weltweit.“

Auch in der Nähe der Jannowitzbrücke, in einem kleinen, neuen Büro arbeitet ein vierköpfiges Team an einer ähnlichen Idee wie bei Presize und Sizze. Matthias Brendel hat vor anderthalb Jahren Footprint Technologies gegründet. Sein Ziel: durch eine KI-basierte Schuhvermessung den Kund*innen die passende Größe nennen, um so größenbedingte Retouren zu vermeiden. Nur, dass sich Footprint Technologies, wie der Name verrät, auf den Schuhhandel beschränkt.

Brendel hat hier eine Eingrenzung vorgenommen: Kinderschuhe. Zumindest vorerst. „Wir werden das Kinderschuhsegment früher oder später verlassen. Es ist technologisch gesehen sogar einfacher, einen größeren Fuß auszumessen. Deshalb funktioniert unsere Lösung auch bei erwachsenen Füßen“, sagt Brendel.

Matthias Brendel ist Gründer, Spea­ker und Mentor der Startup Teens. Bevor er vor anderthalb Jahren gemeinsam mit Carolin Kleinert Footprint Technologies gründete, war er über 13 Jahre lang in verschiedenen Positionen bei Audi tätig.
© Matthias Brendel

Aber warum startet das Startup überhaupt mit Kinderschuhen? Der Grund: der eigene Use-Case. Vor ein paar Jahren brauchte Brendels kleine Nichte ihr erstes Paar Schuhe, Brendel wollte bei der Suche unterstützen, nur war es gar nicht einfach, die perfekte Größe für diese kleinen Füße zu finden. „Kinderschuhe sind der ideale Einstiegsmarkt für uns, weil dort die Kauffrequenz extrem hoch ist und die Unsicherheit der Eltern beim Kauf durch nicht genormte Hersteller*innen-Größenangaben wächst“, sagt Brendel. Also entwickelten Brendel und sein Team eine Lösung, die den Kauf von Kinderschuhen attraktiver und nachhaltiger machen soll.

Im Gegensatz zu Sizze setzt das Team von Footprint auf eine mobile Lösung. Denn eine solche gibt es in dieser Form auf dem europäischen Markt noch nicht. „Es gibt Schuhgeschäfte, in denen man seine Füße scannen lassen kann, aber die Zukunft liegt im Onlinehandel. Deshalb bieten wir eine mobile Lösung, die Menschen zu Hause nutzen können“, sagt Brendel. Und so funktioniert Footprint: Deren KI-basierte Lösung kann die Maße eines Fußes mit denen eines Schuhs abgleichen. Die Lösung ist in dem jeweiligen Onlineshop integriert.

Wenn die Kund*innen ihre Füße mit dieser vermessen möchten, müssen sie den Fuß auf ein weißes Blatt Papier stellen und diesen rundherum filmen. Aus dem Video extrahiert der Algorithmus geeignete Bilder, um die Größe zu bestimmen. Die Maße werden mit denen des jeweiligen Schuhmodells verglichen. Et voilà: Die passende Größe ploppt auf. Oft sind beide Füße jedoch unterschiedlich groß, sodass die Kund*innen zwei Videos aufnehmen müssen. „Wir glauben, dass die Kund*innen diesen Aufwand gerne in Kauf nehmen“, sagt Brendel. Es gebe ja auch Onlinehändler*innen, die Papierschablonen zum Ausdrucken anböten, mit denen man seine Größe ausfindig machen könne. „Man glaubt gar nicht, was heute alles gemacht wird, um herauszukriegen, welche Schuhgröße die richtige ist“, sagt Brendel.

Geplant sind vorerst Kooperationen mit mittelständischen Unternehmen im Kinderschuhhandel. Der erste Live-Gang ist noch für diesen Februar angesetzt. Die langfristige Vision: „Wir wollen die Retouren von Schuhen reduzieren und erreichen, dass die Verbraucher*innen mit dem passgenauen Schuh ein Leben lang auf ihren eigenen Füßen mobil sind“, sagt Brendel. Denn die Menschen, die sollen möglichst lang und viel unterwegs sein. Im Gegensatz zu ihren Bestellungen.

Freundinnen und Freunde, es ist wieder soweit: Unsere neue Ausgabe ist da. Die erste in diesem Jahr. Oh yeah! 132 druckfrische Seiten mit acht Storys über die Zukunft der weltweiten Gesundheitsindustrie. Außerdem: Start unserer neuen Serie Personal Finance, ein Besuch im ehrgeizigen Gründer-Hotspot Ostwestfalen-Lippe und die Geschichte von zwei Gründerinnen in Kolumbien, die ein weltweit agierendes Fashionlabel aufbauen. Also ab zum Kiosk oder zum Aboshop.

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