Green & Sustainability Perfeggt: „Eier sind die Champions-League der pflanzenbasierten Alternativen“

Perfeggt: „Eier sind die Champions-League der pflanzenbasierten Alternativen“

Burger ohne Rind, Milch ohne Kuh – und Omlette ohne Huhn: Das Berliner Food-Tech-Startup Perfeggt hat eine pflanzliche Alternative zum tierischen Ei entwickelt.

Am Rand vom Kollwitzkiez, in Berlins Bezirk Prenzlauer Berg, liegt das ehemalige Brauereigelände Pfefferberg. Überquert man den Innenhof, zeigt sich rechts neben dem Kink-Restaurant eine Tür. Sie wirkt unscheinbar, führt aber im dritten Stockwerk zu loftartigen Büroräumen – und zur Showküche des Startups Perfeggt.

Hier bereitet Teamkoch Mitch Hein Pancakes, French-Toast und Rührei mit Stulle zu. Alles mit einer pflanzlichen Ei-Alternative aus Erbsenprotein – dem Produkt von Perfeggt. 

„Kund:innen erwarten mittlerweile eine Ei-Alternative, weil sie es von anderen Produkten kennen“

Tanja Bogumil

Das Produkt ist dickflüssig. Die Konsistenz und beige Farbe erinnern an fertigen Pfannkuchenteig aus der Flasche. Hein gießt etwas davon auf einen Teller, verdünnt es mit Hafermilch. Die Optik von Perfeggt verändert sich, sieht plötzlich aus wie rohes, aufgeschlagenes Ei vom Huhn.

Auf dem ersten Blick ist kein Unterschied zwischen Original und veganer Alternative zu erkennen. Auch in der Pfanne schafft es das Produkt, sich wie das tierische Pendant zu verhalten: Unter Zufuhr von Hitze wirft es Bläschen, bildet kleine Klumpen, so wie es sich für ein gutes Rührei gehört.

©Tobias Koenig

Weiter im Test: Einmal kurz schnuppern, und man stellt fest, dass das Produkt süßlich riecht. Eier hingegen haben ein schwefliges Aroma. Und auch der Geschmack führt vom Original weg: leicht nach Erbse. All das ist aber nicht störend – im Gegenteil. Das Produkt überzeugt. Geruch und Geschmack entstehen durch das Erbsenprotein. Perfeggt war es wichtig, ihrem Produkt keine Aromen künstlich hinzuzufügen, es natürlich zu belassen. 

Das haptische Erleben im Mund kommt dem Gewohnten jedoch erstaunlich nahe: weich, aber bissfest. Man vermisst auf dem Brot oder im Pancake das tierische Ei vom Huhn gar nicht. 

„Wir wollen den Paradgimenwechsel, den wir in anderen Bereichen von veganen Alternativen haben, auch beim Ei“

Tanja Bogumil

Während der Markt veganer Alternativen zu Fleisch, Fisch, Milch und Joghurt boomt, gerät er bei Eiern – Achtung – ins Stocken. Klar kann man seinen Tofu in der Pfanne scrambeln und mit dem Salz Kala Namak würzen, damit er wie Ei schmeckt, langfristig wird das geschmacklich aber eintönig. „Eier sind aufgrund ihrer Komplexität die Champions-League der pflanzenbasierten Alternativen”, sagt Tanja Bogumil, CEO und Mitgründerin von Perfeggt. „Für die gibt es noch keine vernünftige Lösung für den Massenmarkt.”

Vor Perfeggt gründete Bogumil das Fashion-Startup Kisura, half in den letzten Jahren anderen Gründer:innen ihre Unternehmen aufzubauen, kam so immer mehr in Kontakt mit dem Agrartechbereich, erkannte das Potential der Branche und landete so schließlich von Fashion zu Food. Jetzt ist sie bei Perfeggt eine der treibenden Kräfte.

Spaghetti Carbonara nach Originalrezept mit Ei in vegan? Könnte ein echter Lifechanger sein. Immer wieder hört man, dass viele den Absprung von veggi zu vegan nicht schaffen, weil sie nicht auf Eier verzichten können. “Wir wollen den Paradgimenwechsel, den wir in anderen Bereichen von veganen Alternativen haben, auch beim Ei“, sagt Bogumil. 

Komplexe Komposition

Keine leichte Aufgabe. Eier sind schwierig zu imitieren. Eiklar und Eigelb setzen sich aus verschiedenen biochemischen Komponenten zusammen: Eiklar enthält Kohlenhydrate in minimaler Menge, Eigelb hingegen enthält Fett.

Um in dieser Championsleague mitspielen zu können, hat sich Bogmuil den Lebensmitteltechnologen Bernd Becker ins Team geholt. Ein kluger Schachzug. Der hat die Entwicklung der vegetarischen und veganen Produkte beim Unternehmen Rügenwalder Mühle vorangetrieben. Jetzt steht er für Perfeggt im Labor. Ende letzten Jahres entwickelte er die erste Basis für Produkt. Die Anforderungen waren klar: Eine Proteinquelle ohne Kohlenhydrate, einfach in der Zubereitung. Auf Vitamine und Mineralien hat das Startup verzichtet. Das hätten sie, wie die Aromen beim Geschmack, künstlich hinzuführen müssen, was nicht ihr Ansatz ist. 

©Tobias Koenig

„Kund:innen erwarten mittlerweile eine Ei-Alternative, weil sie es von anderen Produkten kennen”, sagt Bogumil. “Dieses Momentum wollen wir nutzen, um in den Einzelhandel zu gehen.“ Vorbild ist dabei Oatly. Wie die Hafermilchmarke plant Perfeggt den Weg in die Supermärkte über die Gastro. 

In einer Pre-Seed-Runde konnte das Startup bereits im letzten Jahr namenhafte Investor:innen von sich überzeugen: Da wären unter anderem Gorillas-Gründer Jörg Kattner, Ole Strohschnieder und Béla Seebach von Just Spices sowie die Foodspring-Gründer Philipp Schrempp und Tobias Schüle. Aber auch Lea-Sophie Cramer und Verena Pausder haben in Perfeggt investiert.

Auf dem Weg zur Lovebrand

Perfeggt sind natürlich nicht alleine auf dem Markt. Erste vegane flüssige Ei-Alternativen gibt es bereits in Supermärkten zu kaufen. Das israelische Startup YO-Egg ist sogar schon einen Schritt weiter und bietet vegane Eier an, die hyperrealistisch sind, die hart gekocht, pochiert oder als Spiegelei zubereitet werden können. 

Es dürfte bald ein interessanter Verdrängungskampf herrschen. Auch hier könnte sich die Oatly-Strategie auszahlen: im allerersten Schritt fix zur Lovebrand zu werden. Das Potential ist bei Perfeggt allemal da.

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