Innovation & Future PTS: Zu Besuch bei der Mondlandungsfirma aus Berlin-Lichtenberg

PTS: Zu Besuch bei der Mondlandungsfirma aus Berlin-Lichtenberg

Das CLAM-Projekt soll Geld in die Kassen von PTS bringen, nachdem 2019 Insolvenz angemeldet wurde. Die Unternehmensgründer Robert Boehme und Arne Reiners hatten sich etwas zu sehr auf die Mondmission konzentriert und haben das Wirtschaftliche außer Acht gelassen. PTS hatte für eine Rakete von Musks Raumfahrtunternehmen SpaceX bereits 60 Mio. Euro angezahlt. Mit der Insolvenz war die Anzahlung futsch.

Hier kommt Wolfram Simon-Schröter ins Spiel, nun CFO des Logistikunternehmens Zeitfracht. Dieses hat PTS übernommen und zurück in die Wirtschaftlichkeit geführt. Zugeschaltet per Videocall, erzählt Simon-Schröter, er habe den Jungs von PTS erst mal den Traum einer eigenen Rakete und einer Mondlandung nehmen müssen – nur, um ihnen diesen Traum dann zurückgeben zu können.

Foto: Peter Wolff für BUSINESS PUNK

Als ihn der Insolvenzverwalter anrief und fragte, ob er Interesse an einer Mondlandung habe, fragte Simon-Schröter überrascht: „Willst du mich auf den Arm nehmen? Soll ich nach Texas fahren?“ Aber nein, Simon-Schröter fuhr samt Familie nach Berlin, stieg ein und machte André Radloff zum neuen Geschäftsführer. Dieser war kurz vor der Insolvenz bei PTS als kaufmännischer Leiter eingestiegen. Radloff hat zwar BWL in Bayreuth und Schweden studiert, Banken in Afrika gegründet und ist Hobbybergsteiger, interessierte sich aber seit dem Abitur für die Raumfahrt.

Derzeit ist PTS privat finanziert. „Zwei Gesellschafter finden sehr gut, was wir hier machen“, sagt Simon-Schröter. Vom Standort Berlin habe das Unternehmen keine Förderungen erhalten. „Klar, Berlin ist Hauptstadt und ist sexy, aber das allein reicht nicht.“ Nach der Insolvenz kam auch noch Corona. Doch die zukünftige ESA-Trägerraketenerweiterung der Ariane 6 wird von PTS-Computertechnik gesteuert. Der Jungfernflug verschiebt sich zwar seit 2020, ist nun aber für 2024 vorgesehen.

Von der Ostsee ins All

Simon-Schröter ist sicher: „Der Mensch wird und muss die Erde irgendwann verlassen. Es wird hier zu eng werden. Hinfliegen ist im Grunde kein Thema. Das Problem ist: Wie kann die lebensfeindliche Umgebung gemeistert werden? Das ist die Herausforderung. Dafür brauchen wir Daten, Daten, und nochmals Daten aus dem All. Man muss den Forschern auch die Möglichkeit geben können, dass es mal danebengeht. Der Totalschaden ist eigentlich die Regel.“ Simon-Schröter zieht einen Vergleich: „Elon Musks Jungs von SpaceX haben auch zahlreiche Raketen in die Luft gekriegt, bis sie eine davon wieder heruntergebracht bekommen haben. Das ist knochenharte Arbeit. Man muss den Misserfolg ertragen können. Man muss sagen, es geht sowieso schief, und wenn es funktioniert, dann um so besser.“

Foto: Peter Wolff für BUSINESS PUNK

Für den Traum des eigenen Raketenstarts hat Zeitfracht den zivilen Teil des Flughafens Rostock-Laage übernommen, der 1984 für militärische Zwecke gebaut wurde. Die Flughafengesellschaft befindet sich schon lange in einer schwierigen finanziellen Lage. 2019 ging die Fluggesellschaft Germania insolvent, eine der wenigen Airlines, die vom Flughafen aus regelmäßig Flüge anboten. Nun will PTS hier einen Raketen-Horizontalstart hinlegen, wie es ihn in Europa bisher nicht gegeben hat. Eine unbemannte Rakete beispielsweise mit Mondlandefähre Alina und Rover Lunar Quattro an Bord soll unter ein Flugzeug geschnallt und von dort aus über der Ostsee in den Orbit gefeuert werden.

Zeitfracht will in Rostock ein neues Logistikzentrum bauen, in dem Luftfracht und Transport über die Straße eng verzahnt werden können. Es soll ein neuer Innovations- und Technologiestandort im Bereich Luft- und Raumfahrt sowie der erneuerbaren Energien aufgebaut werden. Und: Auch SpaceX soll bereits angefragt haben, ob man nicht was zusammen machen wolle.


Das ist ein Text aus unserer Ausgabe 2/22. Außerdem zu lesen: Krypto-Art-Dossier. Big-Wave-Surfen in Portugal. Der CEO der Online-Uni Coursera. Und Cannabis aus Sachsen. Zum Bestellen geht es hier.

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