Leadership & Karriere Warum man Menschen einstellen muss, die schlauer sind als man selbst

Warum man Menschen einstellen muss, die schlauer sind als man selbst

Leistung – Beförderung – Leistung – Beförderung – BAM! – Teamführung: So sieht stark verkürzt die Karriere aus. Wer im Team einen guten Job macht, kommt in eine höhere Position nach der nächsten. Das System ist so aufgebaut, dass damit zusätzlich Führungsverantwortung einhergeht, auf die man meist nicht vorbereitet wird.

Ein Team führen und dabei auch noch weiterhin die oder der Beste sein, das geht laut Peyman Pouryekta nicht. Seit 2018 hat er eine Bertaungsfirma für Tech-Startups, arbeitet als Interim-CTO und hat mehr als 17 Jahre Erfahrung in der IT-Branche. Wir haben mit ihm darüber gesprochen, warum man schlauere Leute als man selbst einstellen sollte und wie man als Führungskraft damit klarkommt.

„Wenn man ein IT-Team führt, muss man sich damit abfinden, dass man nicht mehr die oder der Schlauste im Raum ist“: Peyman, wie kommst du zu der Aussage?

Das sind Erfahrungswerte. Ich habe selbst als Softwareentwickler gestartet und bin in den letzten 17 Jahren zum CTO herangewachsen. Bei dem Wechsel vom Entwickler zur Führungskraft ist mir aufgefallen, dass man nicht beides gleichzeitig machen kann. Du kannst nicht Spieler:in und Trainer:in im Team sein. Deswegen habe ich angefangen Leute einzustellen, die bessere Entwickler:innen sind als ich.

Wieso kann man nicht beides sein?

Die IT-Industrie ist sehr schnelllebig. Du musst die ganze Zeit dazulernen, um am Ball zu bleiben. Wenn du ein Team führst, kannst du das ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr machen. Dann hast du die Wahl: Bist du Expert:in in einem Bereich oder kümmerst du dich um Führung. Man kann auch beides machen. Aber dann machst du weder das eine noch das andere gut. Das ist wie bei Restaurants, die Pizza, Burger und Sushi verkaufen. Da schmeckt nichts so wirklich.

Wie kann ich das umgehen?

Indem du dir ein starkes Team aufbaust, mit Leuten, die wirklich die besten sind in ihrem Bereich.

Wie gehe ich als Führungskraft damit um, wenn die anderen schlauer sind als ich?

Man muss seine Ideale und sein Ego hinten anstellen. Als ich den Wechsel gemacht habe, habe ich ein Projekt von mir einer anderen Person übergeben. Anfangs habe ich mich schwer getan, weil ich darauf vertrauen musste, dass die Person das künftig besser macht als ich.

Was hilft: sich zu denken, dass man dann mehr Zeit für neue Sachen hat, die einen interessieren und man sich neuen Aufgaben widmen kann.

Was ist deine Herangehensweise, um das eigene Ego zurückzustellen?

Was ich bei den meisten Gründerinnen und Gründern sehe ist, dass sie das Gefühl von Kontrollverlust haben, wenn sie Projekte abgeben. Deswegen stellen Gründerinnen und Gründer oft Menschen ein, die sie gut managen können. Eigentlich brauchst du aber Leute, die dir sagen, was du besser machen könntest. Man darf sie nicht als Gefahr sehen. Das einzusehen und zu verstehen, kann helfen, das Ego zu überwinden.

Peyman Pouryekta. ©Sascha Michaelis

Stichwort: Gefahr ist gut.

Hinter der Gefahr steckt die klassische Idee von Führung. Alle reden immer von flachen Hierarchien, aber auch wenn sie flach sind, sind sie da. Wenn man den Menschen auf Augenhöhe begegnet, dann entwickeln sich viel bessere Ideen. Wenn man bei einem Projekt oder Produkt nicht vorankommt, kann es daran liegen, dass man selbst sein Limit erreicht hat, dann muss man Platz machen.

Ich bin oft Interim-CTO, das heißt ich gehe in Unternehmen und helfe ihnen für eine gewisse Zeit. Eine meiner ersten Aufgaben ist, sofort eine Person zu finden, die mich ersetzt. Das ist schwierig, macht aber auch Spaß. Viele machen diese Erfahrung gar nicht.

Wie ist es für dich, diese Erfahrung zu machen?

Es ist klar, dass ich nicht lange bei den Unternehmen bleibe und einen Ersatz brauche. Deswegen ist der Rahmen ein Anderer als wenn man festangestellt wäre. Was anders ist, ist, dass ich danach aber Zeit für etwas Neues habe, um mich weiterzuentwickeln. Wenn man die Karriereleiter einmal komplett hochgeklettert ist, geht es ja nicht mehr nach oben. Man muss sich überlegen, wie man sich weiterbilden kann. Immer hochzuklettern ist nicht immer die richtige Wahl. Ab einem gewissen Punkt in die Breite zu gehen, kann besser sein.

Würdest du sagen, es ist vor allem in der IT so, dass man Leute einstellen muss, die schlauer sind als man selbst?

Ich habe keinen Vergleich zu anderen Industrien, aber ich kann mir vorstellen, dass das aufgrund der Schnelllebigkeit der Fall ist. Das gilt vor allem für Startups, die ohnehin schon schnell sein müssen, weil es um Innovation geht. Das sieht man an allen großen, erfolgreichen Unternehmen. Die CEOs von Google oder Microsoft sind alles ursprüngliche Informatiker oder Ingenieure. In Deutschland ist das nicht so. Hier sind das alles BWLer:innen. Das macht den Unterschied, dass die Produkte aus den USA sich besser durchsetzen können. Ich sag nicht, dass nur Informatiker:innen erfolgreich sein können, aber wenn das dein Geschäft ist, solltest du diesen Background haben.

Welchen Fehler machen da Startups?

Viele schaffen nach der Skalierung nicht, plötzlich ein Team von 20 oder 30 Leuten zu führen. Da ist Coaching wichtig. Gründerinnen und Gründer sind keine Führungsexperten. Sie sind auf einmal Geschäftsführer:innen und haben keine Erfahrung in diesem Bereich. Und wenn man selbst nicht führen will, muss man jemanden einstellen, die oder der darin besser ist als du.

Wie hilfst du denn Unternehmen als Coach?

Was ich immer in Unternehmen versuche zu implementieren, sind crossfunktionale Teams auf mehreren Ebenen. Das heißt, eine Sales-Person sitzt mit einem Techniker zusammen, um die gegenseitigen Bereiche zu verstehen. Das Zweite ist Diversität. Ich habe mal bei einem Startup gearbeitet, da haben die Mitarbeitenden 20 verschiedene Sprachen gesprochen. Einmal in der Woche durfte eine Person für alle etwas Landestypisches zu Essen bestellen. Das hat den Teamgeist gefördert.

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