Leadership & Karriere Der Thomas-Kreislauf – Willkommen in der schönen neuen Arbeitswelt

Der Thomas-Kreislauf – Willkommen in der schönen neuen Arbeitswelt

Ein Phänomen, das häufig in Gang gesetzt wird, sobald die Chefetage eines Unternehmens eine neue Führungskraft erhalten soll, ist der Thomas-Kreislauf. Dieser beschreibt, wie Chefs unbewusst ihr eigenes Spiegelbild einstellen und Frauen auf diese Weise häufig geringe Chancen auf den Posten haben.

Schön dich kennenzulernen, Thomas!

Wenn Thomas in die Beförderungsrunde geht, wird der Thomas-Kreislauf in Gang gesetzt. Jeder von uns wird diesen „Thomas“ kennen. Er ist häufig Mitte 50, kommt beispielsweise aus Freiburg, hat Betriebswirtschaft studiert und sich einen gemütlichen Platz in der Chefetage eines großen Automobilherstellers gesichert.

Sein Führungsteam besteht aus mehreren Personen, die irgendwie alle nach dem gleichen Muster gestrickt sind: Männer, meistens Wirtschaftsprofis oder Ingenieure, alle in den frühen 60ern im wunderschönen Westdeutschland geboren. Namen wie Stefan, Andreas, Michael und natürlich Thomas dominieren die Szene. Nichts Ungewöhnliches in den oberen Etagen deutscher Unternehmen, da der Thomas-Kreislauf fest etabliert ist.

Der Thomas-Kreislauf als häufiges Phänomen

Was sich hinter dem Thomas-Kreislauf verbirgt, ist relativ einfach zu erklären. Er zeigt, wie Unternehmen ihre Top-Manager rekrutieren und zieht häufig auch auf die nächstgelegenen Führungsebenen weiter.

Der deutsche Chef hat einen klaren Favoriten: sich selbst. Das bedeutet, dass Alter, Herkunft und der Bildungshintergrund ziemlich ähnlich sind. Deshalb findet man so viele CEOs, die in ihren 50ern sind, im alten Westdeutschland geboren wurden und entweder Wirtschaft oder Ingenieurwissenschaften studiert haben.

Mangelnde Frauenquote und Innovation

Das mag zugegebenermaßen etwas abwegig klingen. Ist es aber nicht. Die AllBright-Stiftung aus Deutschland und Schweden hat 2023 eine Studie veröffentlicht, welche die männlichen Monokulturen in den Vorständen der Frankfurter Börse notierter Unternehmen bestätigt.

Es kommt also seit geraumer Zeit zu einer Wiederholung der gleichen Führungsgarde, die nicht gerade für ihre Innovationskraft, Selbstreflexion oder Selbstkorrektur bekannt ist – schließlich denken alle Thomasse ziemlich ähnlich.

Und trotz der Frauenquote hat sich an diesem Muster kaum etwas geändert. Die Passfähigkeit scheint wichtiger als andere Auswahlkriterien zu sein, besonders wenn es um höhere Positionen geht. In deutschen Vorständen gibt es tatsächlich mehr Thomasse und Michaels (5 Prozent) als Frauen insgesamt. Der Allbright-Bericht bestätigt, dass in 66 von 160 Vorständen deutscher Börsenunternehmen nicht eine einzige Frau vorhanden ist. Die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen scheint also eher ein Mythos zu sein. Thomas fördert eben am liebsten Thomas.

Da sitzen sie nun alle zusammen: Thomas, Michael, Andreas und Stefan. Sie mögen vielleicht Unternehmen führen, aber treiben sie diese auch voran? Braucht es nicht manchmal einen frischen Wind von außen, um Innovationen anzustoßen? Vielleicht auch mal andere Denkweisen, auch wenn der Umgang mit Andersdenkenden nicht immer so bequem ist?

Nichts gegen Thomas, der mittlerweile eher Christian heißt, aber mittlerweile ist bewiesen, dass vielfältige Teams profitabler, produktiver und innovativer arbeiten. Einige wenige börsennotierte Unternehmen haben dies erkannt und setzen zunehmend auf Vielfalt im Vorstand und eine bunte Mischung von Frauen und Männern.

Den Kreislauf durchdringen

Obwohl die deutsche Gesellschaft längst vielfältig ist, spiegelt sich dies leider nicht im Management von Familienunternehmen wider. Hier scheinen sie in vertrauten, altbewährten Strukturen festzustecken – „Mann“ bleibt unter sich. Wenn Unternehmen zukünftig Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, insbesondere aber auch Top-Talente, für sich gewinnen wollen, ist es höchste Zeit, aktiv Maßnahmen zu ergreifen, um eine vielfältige und inklusive Unternehmenskultur zu fördern und auf diese Weise auch den Weg der Frau in Führungspositionen zu ebnen.

Der Thomas-Kreislauf führt dagegen zu homogenen Teams innerhalb von Führungspositionen und diese stehen Innovationen meist im Wege. Zahlreiche Untersuchungen und Studien belegen, dass diverse Teams innovativer sind, weniger Risiken eingehen und besser abschneiden. Das mag zum Großteil an den unterschiedlichen Perspektiven und Hintergründen liegen, die zu neuen Ideen und einem verbesserten Risikobewusstsein führen.

Um den Thomas-Kreislauf zu durchbrechen und das eigene Unternehmen innovativer zu gestalten, bietet sich ein anonymisierter Recruiting-Prozess für Führungspositionen an. Der Weg zu einer vielfältigen Unternehmenskultur führt zwangsläufig durch den Bewerbungsprozess.

Die Auswahl neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wird stark von unterbewussten menschlichen Handlungsmustern und Voreingenommenheit beeinflusst, die zum Thomas-Kreislauf führen. Durch anonyme Bewerbungen kann dieses unterbewusste Muster ausgeschaltet und automatisch eine vielfältigere Unternehmenskultur innerhalb des Unternehmens etabliert werden.

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