Innovation & Future BASF: „Was weg ist, kommt nicht zurück“

BASF: „Was weg ist, kommt nicht zurück“

Die BASF, Urgestein der deutschen Industrie und mit dem Heimatstandort Ludwigshafen am Rhein bislang untrennbar verbunden, muss sich neu erfinden. Das meiste Geld, das der Konzern je für eine Erweiterung ausgegeben hat, wird gerade in China verbuddelt. Kann der Konzern sich weiter an der Weltspitze behaupten?

Die Badische Anilin- und Sodafabrik ist bald 160 Jahre alt. Anilin ist heute etwas aus der Mode gekommen, Soda läuft noch immer – sei es drum: Die Buchstaben BASF stammen aus dieser Zeit und stehen für den nach Umsatz größten Chemiekonzern der Welt. Ob ihm nächstes Jahr am runden Geburtstag zum Feiern zumute ist? Wahrscheinlich eher nicht.

Denn wie Miele und Bosch, wie VW oder der traditionsreiche Getriebehersteller ZF belastet eine Mischung aus Strukturwandel, am Ende unglücklichen Managemententscheidungen und einer erratischen Wirtschaftspolitik auch diese Weltmarke aus Deutschland. Unlängst standen die Ergebnisse für das erste Quartal 2024 zur Veröffentlichung an – Börsenexperten wie auch Analysten der Großinvestoren kommentierten den deutlichen Rückgang des Ergebnisses gegenüber den ersten drei Monaten im vergangenen Jahr fast schon erleichtert mit einem „es hätte noch schlimmer kommen können”. Dahinter steht: Ein Umsatzrückgang um zwölf Prozent, mit 1,368 Milliarden Euro nach Steuern fiel auch der Gewinn deutlich geringer aus als im Vorjahr (1,562 Mrd.). Der Aktienkurs mit derzeit um die 50 Euro repräsentiert nur die Hälfte dessen, was vor wenigen Jahren noch möglich schien: Der Sprung über die 100-Euro-Marke.

Verantwortlich, so die Unternehmensführung, ist nicht nur die Zeit des Umbruchs, der BASF zu einem “grünen Chemieunternehmen” machen soll und seit Jahren im Gange ist. Der Konzern erhofft sich neue Geschäftsfelder im Umgang mit Großkunden, die ihrerseits auf dem Pfad der Chemiewende unterwegs sind. BASF investiert große Summen in die Umstellung auf Nutzung umweltfreundlicher Energieerzeugung, so wurde zum Beispiel eine 49-Prozent-Übernahme zweier Offshore-Windparks erst vor wenigen Tagen unterschrieben. 

Es ist nicht die erste und einzige. Unter dem neuen Vorstandsvorsitzenden Markus Kamieth, der mit der Hauptversammlung der Aktionäre am 25. April den Stab von Vorgänger Martin Brudermüller übernahm, rechnet man bei der BASF mit einem energischen Ausbau des Chinageschäfts. Der promovierte Chemiker Kamieth ist Chinaexperte des Konzerns, leitete lange Jahre das asiatische Engagement von BASF, zuvor war er für das Unternehmen in den USA. Unter seiner Ägide am Sitz Hongkong begann der Bau eines vollkommen neuen Verbundstandortes im südchinesischen Guangdong, der wohl deutlich mehr als die angepeilten zehn Milliarden Euro kosten wird – es ist die größte Einzelinvestition der Konzerngeschichte und eine dieser aktuellen Baustellen in mehrfacher Hinsicht. Forciert vom bisherigen CEO Brudermüller, der auf zwei Entwicklungen setzte: Zum einen die zunehmende Bedeutung Chinas für den Welt-Chemiemarkt, und zum zweiten auf die Transformation der Stromerzeugung zuhause – die Chemie benötigt gigantische Mengen Energie, vor allem Elektrizität, was in Zukunft umweltfreundliche Erzeugung und bezahlbare Preise erfordert.

Brudermüller war angesichts dessen kein Unternehmenslenker, der stets ein Blatt vor den Mund nahm. Steuern, Bürokratie, Energiepreise, Inflation: Die Themen, die der deutschen Industrie seit Jahren auf den Nägeln brennen und der Chemie ganz besonders, betonte er nachhaltig und immer wieder. Die Zahlen waren da auf seiten der BASF: In Deutschland hat die Chemieproduktion zuletzt von 2017 bis 2023 um 22 Prozent abgenommen. Der Rückgang um mehr als ein Fünftel ist dabei noch nicht das Ende, wenn es nach den Prognosen der Deutsche Bank Research geht. Auch der Verband der Chemischen Industrie zeigt sich in seinen Stellungnahmen fast schon verzweifelt halb-optimistisch und erwartet ein ums andere Halbjahr zumindest einen Stopp des Niedergangs. Aber: „Was weg ist, wird nicht wieder zurückkommen.”

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