Business & Beyond „Dänen renten nicht“: Rente erst mit 70 – (wann) kommt das auch zu uns?

„Dänen renten nicht“: Rente erst mit 70 – (wann) kommt das auch zu uns?

Dänemark koppelt das Renteneintrittsalter an die Lebenserwartung und hebt es auf 70 Jahre an. Deutsche Ökonomen fordern ähnliche Modelle – während die Politik hierzulande zögert.

Die Dänen haben es getan. Mit einem beherzten Schritt hat das Parlament in Kopenhagen am Donnerstag das Renteneintrittsalter auf 70 Jahre angehoben – eine Entscheidung, die das Rentensystem des Landes zukunftsfest machen soll, aber auch massive Proteste auslöst. Das Gesetz passierte mit 81 zu 21 Stimmen und setzt einen klaren Kontrapunkt zur deutschen Rentendebatte, die seit Jahren in einer Endlosschleife feststeckt.

Automatische Anpassung statt politischem Tauziehen

Die dänische Reform folgt einem klaren Prinzip: Die Lebenserwartung steigt, also muss auch die Arbeitszeit länger werden. Seit 2015 ist das Renteneintrittsalter in Dänemark an die durchschnittliche Lebensdauer gekoppelt. Die Formel ist simpel – 15 Jahre Ruhestand sind das Ziel. Die Umsetzung erfolgt schrittweise: Ab 2030 beginnt der Ruhestand mit 68, ab 2035 mit 69 und ab 2040 mit 70 Jahren.

Für die jüngste Generation könnte das noch drastischere Folgen haben. Kinder, die ab 2023 geboren wurden, könnten rechnerisch erst mit 77,5 Jahren in Rente gehen, wenn ihre Lebenserwartung auf 90 Jahre steigt. Ein Modell, das selbst Dänemarks sozialdemokratische Premierministerin Mette Frederiksen mit gemischten Gefühlen betrachtet – obwohl ihr Land diesen Weg konsequent verfolgt.

Das deutsche Dilemma: Drei Stellschrauben, keine Lösung

Deutschland steht vor dem gleichen demografischen Problem: immer weniger Einzahler finanzieren immer mehr Rentner. Doch während die Dänen handeln, fließen hierzulande jährlich über 121 Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt in die Rentenkasse – jeder fünfte Steuer-Euro subventioniert die Altersvorsorge.

Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm sieht bei Focus im dänischen Modell einen Lösungsansatz: „Das Renteneintrittsalter muss eigentlich an die längere Lebenserwartung angepasst werden. Im Idealfall automatisiert, sodass man das nicht immer neu verhandeln muss, sondern dass, wenn die Lebenserwartung steigt, die Leute dann eben auch etwas später in Rente gehen.“

Theoretisch gibt es drei Stellschrauben im Rentensystem: das Rentenniveau, die Beitragshöhe und das Eintrittsalter. Das Rentenniveau ist bereits von ehemals 57,6 Prozent (1980) auf heute 48 Prozent gesunken. Die Ampel-Regierung hat sich festgelegt, es nicht weiter zu senken – trotz Warnungen von Ökonomen vor den Kosten für künftige Generationen. Damit dürfte eine Neuregelung noch mindestens eine Legislaturperiode dauern.

Die Beiträge liegen mit 18,6 Prozent auf dem Niveau der 1980er Jahre – nach einem zwischenzeitlichen Anstieg auf über 20 Prozent in den 1990ern. Das Eintrittsalter steigt zwar offiziell auf 67 Jahre, faktisch gehen die meisten Deutschen aber bereits mit 64 Jahren in den Ruhestand.

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