Business & Beyond dm, Rossmann und Co. attackieren Apotheken-Monopol: der 14-Milliarden-Coup der Drogerie-Riesen

dm, Rossmann und Co. attackieren Apotheken-Monopol: der 14-Milliarden-Coup der Drogerie-Riesen

Deutschlands Drogerieketten mischen den Pharmamarkt auf: dm, Rossmann und Lidl drängen ins lukrative Geschäft mit rezeptfreien Medikamenten. Ein Milliardenmarkt im Umbruch.

Der deutsche Apothekenmarkt steht vor einem Umbruch. Noch 2025 will dm mit einer eigenen Versandapotheke aus Tschechien starten und damit in einen 14-Milliarden-Euro-Markt einsteigen.

Laut „Bild“ sollen rezeptfreie Medikamente und apothekenexklusive Kosmetik bald genauso selbstverständlich im Warenkorb landen wie Shampoo und Zahnpasta. Und dm ist nicht allein – auch Rossmann und Lidl positionieren sich bereits für den Einstieg in den lukrativen Gesundheitsmarkt.

Milliardenmarkt im Visier

Der Markt für rezeptfreie Medikamente in Deutschland ist mit rund 14 Milliarden Euro Jahresumsatz ein attraktives Ziel. Bereits heute entfallen etwa 25 Prozent davon auf Versandapotheken – mit steigender Tendenz, wie „FAZ“ berichtet.

Branchenexperten trauen dm zu, bereits 2025 unter die zehn größten Anbieter im Versandhandel aufzusteigen. Bis zu den Marktführern Shop-Apotheke und DocMorris aus den Niederlanden bleibt jedoch noch ein weiter Weg.

Die Strategie hinter dem Medikamenten-Move

Dm-Chef Christoph Werner begründet den Schritt mit einem fundamentalen Wandel im Gesundheitswesen weil „viele Babyboomer aus Gesundheitsberufen ausschieden, aber weniger nachkämen“, so Werner laut „FAZ“. Der Konzern experimentiert bereits mit Gesundheitsangeboten in ausgewählten Filialen: Hautanalysen, Bluttests und Augenscreenings gehören zum neuen Portfolio – sehr zum Missfallen etablierter Arztverbände.

Konkurrenz formiert sich

Rossmann steht laut „derwesten.de“ bereits in den Startlöchern und plant einen eigenen Medikamentenversand über ein Zentrum in den Niederlanden – nach dem Vorbild der etablierten Online-Apotheken.

Auch Lidl, unter dem Dach der Schwarz-Gruppe, führt bereits Gespräche mit potenziellen Partnern. Offiziell halten sich beide Unternehmen jedoch bedeckt. Eine Rossmann-Sprecherin erklärte lediglich, man „beobachte den Markt aufmerksam“, wie „derwesten.de“ berichtet.

Gesundheitsmarkt als Wachstumsmotor

Für dm zahlt sich die Expansion in den Gesundheitsbereich bereits aus. Der Gesamtumsatz stieg im Geschäftsjahr 2024/25 (bis 30.

September) europaweit auf knapp 19,2 Milliarden Euro, davon 13,3 Milliarden Euro in Deutschland, wie „FAZ“ dokumentiert. Täglich kaufen rund 2,2 Millionen Menschen in den 2.154 deutschen dm-Filialen ein. Die Belegschaft wuchs um mehr als 4.000 auf über 93.000 Mitarbeiter.

Business Punk Check

Der Vorstoß der Drogerieketten ist mehr als nur ein neues Geschäftsfeld – er ist ein direkter Angriff auf verkrustete Strukturen im deutschen Gesundheitswesen. Während Apotheker von „Qualitätsverlusten“ sprechen, geht es in Wahrheit um den Schutz von Pfründen in einem überteuerten System. Die Realität: In Nachbarländern funktioniert der rezeptfreie Medikamentenverkauf längst problemlos außerhalb klassischer Apotheken.

Der Widerstand gegen diese Marktöffnung zeigt exemplarisch das deutsche Innovationsdilemma: Besitzstandswahrung statt Fortschritt. Für Verbraucher bedeutet der Einstieg der Drogerieketten mehr Wettbewerb, niedrigere Preise und bessere Verfügbarkeit. Wer sich als Gesundheitsdienstleister im kommenden Jahrzehnt behaupten will, muss digitaler, kundenorientierter und preislich attraktiver werden – oder untergehen.

Häufig gestellte Fragen

  • Welche Medikamente dürfen Drogerien wie dm künftig verkaufen?
    Drogerien dürfen ausschließlich rezeptfreie Medikamente (OTC-Produkte) anbieten. Verschreibungspflichtige Arzneimittel bleiben weiterhin den Apotheken vorbehalten. Der Versand erfolgt aus EU-Nachbarländern wie Tschechien oder den Niederlanden.
  • Wie wirkt sich der Einstieg der Drogerieketten auf die Preise aus?
    Der verstärkte Wettbewerb dürfte mittelfristig zu Preissenkungen bei rezeptfreien Medikamenten führen. Online-Apotheken bieten bereits heute Rabatte von 10-30% gegenüber stationären Apotheken – ein Trend, der sich durch den Einstieg der margenerprobten Drogerieketten verstärken wird.
  • Welche Vorteile haben Verbraucher durch die neue Konkurrenz?
    Neben günstigeren Preisen profitieren Verbraucher von der digitalen Kompetenz und Logistik der Drogerieketten. Zu erwarten sind bessere Apps, schnellere Lieferzeiten und die Integration in bestehende Kundenbindungsprogramme wie Payback.
  • Welche Überlebenschancen haben klassische Apotheken in diesem Umfeld?
    Apotheken müssen sich auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren: persönliche Beratung, Notdienste und verschreibungspflichtige Medikamente. Zukunftsfähige Konzepte kombinieren lokale Präsenz mit digitalen Services und Spezialisierung auf chronisch Kranke und ältere Patienten.
  • Wie verändert sich der Gesundheitsmarkt durch diese Entwicklung?
    Der Eintritt der Drogerieketten beschleunigt den Wandel zu einem verbraucherorientierten Gesundheitsmarkt. Präventionsangebote, Selbsttests und niedrigschwellige Gesundheitsdienstleistungen werden zum Standard – eine Entwicklung, die angesichts des Fachkräftemangels im Gesundheitswesen unvermeidbar ist.

Quellen: „Bild“, „FAZ“, „derwesten.de“