Leadership & Karriere Die Macher hinter LVL wollen nicht nur das Zocken neu erfinden, sondern gleich die digitale Welt verändern

Die Macher hinter LVL wollen nicht nur das Zocken neu erfinden, sondern gleich die digitale Welt verändern

„Geil, was?“ Dorian Gorr spricht die beiden Männer mittleren Alters, die vor seinem Laden stehen, direkt an. Eigentlich wollte Gorr schon längst Feierabend machen. Jetzt aber geht er entschlossen auf die Männer zu und erklärt ihnen das Konzept von LVL, seinem neuen Gaming-Mekka in Berlin. Die beiden haben neugierig reingeschaut und Screens entdeckt, einen Burger-Laden, außerdem eine Verkaufsfläche mit Merchandise. Was ist da los?

Was Gorr in dem Wort „geil“ zusammenfasst, ist eine Mischung aus Gaming, Entertainment und Verkauf, direkt am Checkpoint Charlie. Und man kann es Gorr sicherlich nicht verübeln, seine Begeisterung ungezügelt auf die Menschheit loszulassen: zweieinhalb Jahre Vorbereitung, ein geplantes Grand Opening für Ende März – dann kam Corona.

Einen halben Tag suhlten er und sein Team sich in Selbstmitleid, dann wurde wieder in den Vorwärtsgang geschaltet. Den Vorwärtsgang legen dann die beiden Männer auch ein und gehen weiter – sie sind wohl auch nicht die Zielgruppe für Gorrs Großprojekt

Gorr ist der Typ Manager, den es nur in einer Branche geben kann, die keine klaren Ausbildungswege kennt und die (vielleicht) dazu verdammt ist, immerfort zu werden und niemals zu sein. Gorr trägt langes, graues Haar, einen Hoodie, dessen Ärmel er weit über seine Hände stülpt, was bei einem Mittdreißiger noch einmal Nerdkultur und Anti-Establishment verstärkt.

Zocken in Reih und Glied: LVL setzt auch auf seit Jahren erprobte Game-Café-Konzepte (Foto: Andreas Beetz | studiobeetz.de)

Der 34-Jährige hat weder einen Master in Marketing noch sonstige Stationen in seiner Vita stehen, die einen nach allgemeiner Auffassung für die Position als Marketingchef qualifizieren. Aber: Er bringt das mit, was es braucht, will man eine Marke from scratch aufbauen. „Größenwahnsinnig bin ich, sonst hätten wir das nicht gebaut“, sagt er.

Angesprochen auf die hauseigene Soundanlage im LVL, lässt er abgeklärt wissen: „Damit machen wir jeden Berliner Club platt.“

Auf den ersten Blick scheint LVL ein neuer, schicker Szenetreffpunkt sein zu wollen. Ein Ort der Experience, an dem Fans und Interessierte zusammenkommen, um gemeinsam ihre Leidenschaft für Video- und Computerspiele zu zelebrieren und dafür reichlich Platz vorfinden.

Auf 2.500 Quadratmetern und über zwei Stockwerke erstrecken sich eine E-Sport-Arena, ein Lan-Bereich mit High-End-Gaming-PCs, Trainingsräume für das E-Sport-Team von G2, ein Kino, eine VIP-Lounge, ein Bereich mit alten Arcade-Automaten, ein Merch-Store sowie ein Burger-Restaurant.

Bloß will LVL mehr sein als die Summe der Teile. Was auch am Gründer liegt: Gorr ist als Gamer, Musikliebhaber und Storyteller die personifizierte Synthese aus verschiedenen Entertainmentbereichen, die bei LVL zu einer Marke verschmelzen sollen.

Pogo und Pixel

Der Krefelder unternimmt im Alter von fünf Jahren seine ersten virtuellen Gehversuche. Sein erstes Spiel: „Qbasic Gorillas“ von 1991, in dem zwei Affen sich mit explodierenden Bananen bewerfen. Klingt einfach, hatte aber viel mit mathematischer Berechnung zu tun.

Später kauft er in einem Hinterhof das erste „Grand Theft Auto“ von 1997 – da ist Gorr, Jahrgang 1986, noch weit von der Altersfreigabe entfernt. Auf der ersten Playstation spielt er das Agentenspiel „Metal Gear Solid“ laut eigener Erinnerung „mindestens 45-mal“ durch.

Bis heute ist Gorr Vollblut-Gamer. In seinem Haushalt befinden sich mehrere Konsolen aus verschiedenen Generationen. Nach der Arbeit entscheidet er sich für eine Runde Zocken oder, falls er zu platt ist, für einen Stream auf Twitch.

Dorian Gorr. So geht Bio de luxe: vom Selfmade- Metal-Journalisten und „Metal Gear Solid“-Zocker zum CMO eines der derzeit interessantesten Projekte im Gaming- und Content-Bereich. (Foto: Andreas Beetz | studiobeetz.de)

Genauso groß wie seine Leidenschaft für Gaming und E-Sport ist seine Passion für Musik. Mit 18 Jahren gründet er sein eigenes Heavy-Metal-Magazin: „Metal Mirror“. In seiner Zeit als rasender Reporter für die Metal-Szene begegnet er auch immer wieder dem Thema Videospiele, sei es auf dem Festival Wacken oder auf Tour mit einer Heavy-Metal-Band. „Im Backstage-Bereich machten die nichts anderes als ,World of Warcraft‘ zocken“, sagt Gorr.

Jahre später lässt er sich an der Axel-Springer-Akademie zum Journalisten ausbilden und widmet sich den Themen Gaming und E-Sport. Als „Bild“-Reporter reist er um die Welt, besucht E-Sport-Turniere und schreibt über die virtuellen Duelle mit dem gleichen mitreißenden Enthusiasmus, mit dem südamerikanische Fernsehmoderator*innen Fußballspiele kommentieren.

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