Life & Style Kein zweiter „Ernährungskompass“: Wir haben mit Bas Kast über sein neues Buch gesprochen

Kein zweiter „Ernährungskompass“: Wir haben mit Bas Kast über sein neues Buch gesprochen

Ich musste mir also einen neuen Verlag suchen, was Zeit und Nerven kostete. Die erste Auflage vom Kompass war klein, nach nur eineinhalb Wochen war das Buch vergriffen war. Dann ist es explodiert. 2019 war es das bestverkaufte Sachbuch des Jahres. Damit hat keiner gerechnet.

Ironischerweise kennen mich heute die Leute nur noch als Ernährungscoach oder -autor. Doch auch das ist nicht die ganze Wahrheit: Ich bin ein Autor, der eben auch mal ein Buch über Ernährung geschrieben hat. Die Erfahrung mit dem „Ernährungskompass“ hat mir vor Augen geführt, dass das Feedback und die Meinung anderer Leute oft nicht die besten Gradmesser für die eigenen Ideen sind. Wenn man wirklich an etwas glaubt, seinem Herzen folgt und dann die entsprechende Arbeit reinsteckt, dann kann sich das am Ende wirklich lohnen. Andere können deine Vision nicht greifen, bis du sie realisiert hast.

Das neue Buch von Bas Kast „Das Buch eines Sommers: Werde, der du bist“ ist am 23. September im Diogenes Verlag erschienen.

Das Schönste für ein Leben ist doch, wenn es einem erlaubt ist, sich selbst zu verwirklichen. Wenn man die Chance hat, dann sollte man sie auch ergreifen und sich nicht aus Angst vor dem Scheitern davon abhalten lassen. Am Ende des Lebens blicken die Menschen nicht mit Reue auf das zurück, woran sie gescheitert sind, sondern auf das, was sie gar nicht erst versucht haben. Das ist auch Thema meines Buches. Der „Ernährungskompass“ hat mir finanziell die Möglichkeit gegeben, meinen Traum zu leben und das Risiko einzugehen, ein Jahr lang etwas zu machen, was vielleicht schief gehen könnte. Ich dachte: Jetzt muss ich es einfach probieren.

Früher Sachbuch und Ernährung, jetzt Roman und Selbstfindung – wie wichtig sind diese neuen Herausforderungen für Ihren Arbeitsprozess?

Unheimlich, nicht nur, weil man sich mit jedem Buch, das man schreibt, sehr lange beschäftigt. Für mich ist es wichtig, ein Thema zu finden, das mich herausfordert, das mich energetisiert und all meine Kräfte mobilisiert. Das ist bei mir dann der Fall, wenn ich mir selbst nicht sicher bin, ob ich es schaffen kann. Das Thema Ernährung war damals eine große Herausforderung für mich, ich war ja fachfremd. Und trotzdem dachte ich: Wenn ich mich reinknie und alles gebe, ist es möglich.

Beim Roman wusste ich von der Form her nicht, ob ich es kann. Ich gab mir selbst eine 30-prozentige Erfolgschance. Das ist so dieses Level, wo ich spüre, jetzt werden alle meine Kräfte mobilisiert. Ich weiß, wenn ich jetzt nicht Gas gebe, wenn ich nicht 100 Prozent gebe, dann reicht es nicht.

Die Corona-Krise hat uns alle zum Innehalten gezwungen und viele zum Nachdenken über ihr Leben und ihre Werte angeregt. Dazu passt Ihr Buch ja perfekt. Zufall?

Das war ein sonderbarer Zufall, ja, es gibt frappierende Parallelen. Mein Protagonist erhält eine Zwangspause von seinem hektischen Alltag in einer Villa auf dem Land, mit viel Ruhe. Dort findet er zu sich selbst und zu seiner Familie. Genau diese Situation eröffnete sich uns allen während des Corona-Lockdowns. In unserer Hochleistungsgesellschaft fällt man schnell zurück, wenn man stehen bleibt, wie auf einer Rolltreppe.

Durch Corona war es auf einmal so, als würde die Rolltreppe stehen bleiben. Alle standen auf einmal still. Genau diese Ruhe möchte ich auch in meinem Roman erzeugen. Denn erst in der Ruhe, wenn man die Aufmerksamkeit zur Abwechslung mal nach innen statt nach außen richtet, kann man sich selbst erkennen. Der Corona-Lockdown hat gezeigt: So wie es immer war, muss es nicht immer sein. Und auch der Tod spielt eine Rolle in dem Buch.

„Konfrontiert mit der eigenen Endlichkeit, beginnt man, alles in Frage zu stellen.“

Will ich immer so reisen, immer so hektisch sein? Muss ich für jedes Meeting in den Flieger steigen? Was ist denn nun eigentlich wichtig im Leben?

Welche Tipps haben Sie, um mehr zu sich selbst zu finden?

Wir haben ein bewusstes Ich, das in Worten spricht und die Ratio beherrscht. Dann haben wir aber auch viele Anteile in uns, die unbewusst sind und in Form von Bildern, Träumen, Gefühlen und spontanem Verhalten mit uns kommunizieren.

Möchte man also mehr über sich herausfinden, so kann man einerseits in sich gehen, stillsitzen, tagträumen und schauen, was dabei herauskommt. Ein zweiter Weg ist es, zu einem Biographen seines eigenen Lebens zu werden, sich selbst und sein (spontanes) Verhalten zu beobachten und eine Art Tagebuch führen: Wann blühe ich auf? Was begeistert mich? Was gibt mir Energie? Und auf der anderen Seite: Was raubt mir Energie?

Wir alle erzählen uns eine Geschichte über uns selbst, zum Beispiel: „Ich bin ein schüchterner Mensch, ich bin introvertiert.“ Ob das wirklich stimmt, kann man durch diese Beobachtungen auf den Prüfstand stellen und so mehr über sein wahres Ich erfahren.

Beim Schreiben vom „Ernährungskompass“ haben Sie Ihre Ernährung umgekrempelt. Wie hat Sie Ihr neues Buch beeinflusst?

Ich versuche, mehr im Moment zu leben, nicht immer nur im Morgen. Wenn man sich das Jetzt andauernd wegwünscht, dann wünscht man sich im Grunde das Leben andauernd weg. Zudem verwirkliche ich mir mit dem Roman einen langen Lebenstraum, wodurch sich das Schreiben selbst so anfühlte, als würde ich mit jeder Seite mehr bei mir selbst ankommen.

Ich will aber nicht behaupten, dass ich durch die schlichte Niederschrift des Romans weise geworden wäre, insofern hält sich die Wandlung im Vergleich zum „Ernährungskompass“, wo die Umstellung körperlich massiv war, eher in Grenzen.

Was würden Sie jungen Autor*innen mit auf den Weg geben?

Mein Tipp: Fang klein an, bei einer Lokalzeitung oder einem Magazin, als Freie*r oder als Praktikant*in. Dort wirst du sehen und spüren, ob dir das Schreiben als solches liegt. Natürlich kannst du auch erst einmal für dich selbst anfangen zu schreiben, Kurzgeschichten, Tagebuch, Anekdoten – so merkst du auch, ob eher das fiktionale Schreiben oder das Sachschreiben etwas für dich ist.

Wenn man wirklich schreiben will, wenn man wirklich den Drang hat, dann sollte man es tun. Aber nur dann. Es ist schwierig, in Verlagen Fuß zu fassen. Verlage gehen nicht gerne Risiken ein. Auch nicht bei mir. Fast jedes Buch war für mich ein Kampf.

Selbst nachdem ich schon vier, fünf Sachbücher gemacht hatte, wurde „Der Ernährungskompass“ erst einmal abgelehnt. Später, nach dem „Ernährungskompass“, hieß es dann: Sachbuchautoren können keine Romane. Wörtlich. So suchte ich mir wieder einen neuen Verlag. Es ist und bleibt ein kontinuierlicher Kampf. Daher sage ich immer zu meinen Kindern: Macht etwas Vernünftiges! (lacht) Und so empfinde ich es auch.

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