Productivity & New Work Unsere Kolumnistin Hanne Horvath findet: Wer nicht trinkt, hat ein Problem

Unsere Kolumnistin Hanne Horvath findet: Wer nicht trinkt, hat ein Problem

Eine Kolumne von Hanne Horvath

Wenn ich bei einem Treffen mit Freund:innen, bei einer Familienfeier oder einem Business-Event auf Alkohol verzichten will, dann artet das für mich oft in Stress aus. Denken die Leute dann, dass ich schwanger bin? Werde ich mich vor Überredungsversuchen à la „Ach komm, nur ein Glas zum Anstoßen” wehren müssen? Werden mich meine neuen Business-Kontakte mitleidig ansehen und denken, dass ich trockene Alkoholikerin bin, die eine langwierige Suchterkrankung hinter sich hat und nun mit sich ringt, abstinent zu bleiben?

Kennt ihr diesen inneren Monolog auch? Mich hat genau dieser „Stress” schon oft dazu gebracht, dann doch etwas zu trinken, einfach, um nicht aufzufallen. Oft denke ich: Das müsste doch eigentlich andersrum sein. Dass ich auffalle, wenn ich was trinke, und nicht, wenn ich nichts trinke.

Der Dry January gilt mittlerweile als allgemein anerkannte Ausrede für den bewussten Alkoholverzicht. Aber in den elf verbleibenden Monaten des Jahres muss man gefühlt entweder schwanger sein oder Auto fahren, um mit der Entscheidung fürs Nüchternsein in Ruhe gelassen zu werden.

Kein Wunder, Alkohol ist fester Bestandteil unseres Alltags: In der Startup-Küche ist der Kühlschrank immer gut gefüllt mit Freibier, wenn wir durch Instagram-Stories swipen, sehen wir Influencer:innen mit dem täglichen Glas Wein oder Spritz in der Hand und wir lachen über die Filmrissgeschichten unserer Freund:innen. Aber von Alkoholiker:innen sind wir alle weit entfernt. Schließlich sind das in unseren Köpfen meistens Männer, arbeitslos, und optisch leicht verwahrlost. Really?

Hanne Horvath ist Mitgründerin und VP Business Development der digitalen Therapieplattform HelloBetter. Erst vor Kurzem hat das Unternehmen die erste digitale Burnout-Therapie auf Rezept weltweit gelauncht. ©HelloBetter

„Dry January“ als Chance, um Stereotype zu hinterfragen

Der „Dry January” ist eine gute Gelegenheit, diese stereotypen Vorstellungen von Menschen mit problematischem Alkoholkonsum zu hinterfragen, denn laut dem Robert Koch Institut konsumiert jeder sechste Erwachsene in Deutschland Alkohol in riskanten Mengen. Die Folge sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs oder psychische Beschwerden. Rein statistisch kennt ihr also jemanden, der ein ernstes Alkoholproblem hat.

Aber ab wann sprechen wir überhaupt von einem Alkoholproblem? Das Tückische am Alkohol ist nämlich, dass die Grenzen zur Abhängigkeit fließend sind. Manche Menschen trinken täglich, andere nur am Wochenende, dafür viel zu viel, so dass ihr Körper schlichtweg nicht im Stande ist, den Alkohol abzubauen. Auch hier kann es zu starken gesundheitlichen Schädigungen kommen.

Wer ein Alkoholproblem hat, wirkt auch nicht immer betrunken, wenn er oder sie Alkohol trinkt. Wenn die Toleranzentwicklung einsetzt, spürt man den Alkohol immer weniger, obwohl man mehr trinkt. Ein wichtiges Warnsignal, denn wer das Gefühl hat viel zu vertragen, neigt dazu, immer mehr Alkohol zu trinken. Aus dem Glas Wein nach Feierabend wird dann schnell eine ganze Flasche.

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