Leadership & Karriere Startups entlassen in Massen – Ist das eine „dornige Chance“?

Startups entlassen in Massen – Ist das eine „dornige Chance“?

Momentan verlaufen in der Arbeitswelt zwei Trends parallel, die am Ende zum gleichen Ergebnis führen: leere, schon leicht eingestaubte Bürotische. Die einen verlassen im Zuge der Great Resignation das Unternehmen freiwillig, um auf Sinnsuche zu gehen und endlich etwas mit Impact gestalten zu können. Die anderen hingegen sind Opfer einer gerade stattfindenden Kündigungswelle in der Startup- und Digitalwirtschaft.

Von Massenentlassungen ist die Rede. Nur drei von zahlreichen Beispielen der jüngsten Vergangenheit: Gorillas hat im Mai mehr als 300 Stellen gestrichen, auf das Konto von Klarna gehen gleich 700 gestrichene Stellen, und Getir hat sich von insgesamt 4 480 Mitarbeitenden getrennt. Aufgrund der Inflation sinken die Bewertungen der Startups, Finanzierungsrunden werden abgeblasen, plötzlich ist wieder ernsthaftes Sparen angesagt. Und gespart wird wie immer als Erstes beim Personal.

Der Sommer 2022 ist natürlich nicht das erste Jahr, in dem eine von Growth-Storys lebende Branche an ihre Grenzen stößt. Immer wieder hörte man in den vergangenen Jahren Anekdoten von den finalen Momenten eines Startups: Bilder von einer enttäuschten und frustrierten jungen Belegschaft, die auf keine schlechten News vorbereitet war. Szenen von plötzlicher Anarchie in Büroräumen, von regelrechten Plünderungen, bei denen alles eingesteckt wurde, was in die Taschen passte: Post-its, Klopapier, Tastaturen, aufblasbare Gummitiere, T-Shirts mit dem Company-Logo, das durchgestrichen wurde. Interessant: Als bei einer dieser Orgien ein paar Tage darauf vom Unternehmen in einem Gemeinschaftsraum eine Jobmesse veranstaltet wurde, kamen alle wieder einträchtig zusammen.

Melchior Neumann, Chief Tax Officer bei Kontist, hat im Vergleich dazu das andere Extrem erlebt. Auch er musste 50 Leute entlassen, die er selbst eingestellt hatte. „Man muss sich in so einer Situation damit abfinden, dass man, um es klar auszudrücken, das Arschloch ist“, sagt Neumann. Zunächst standen die Betroffenen aus dem Team unter Schock und waren bedrückt. Einen Tag später jedoch saßen sie am Schreibtisch und erledigten die Übergaben an die Mitarbeiter, die ihre Aufgaben in Zukunft übernehmen. „Das hat mich emotional krass berührt“, sagt Neumann. „Ich hätte komplett verstanden, wenn die gekündigten Mitarbeiter einfach nicht mehr zur Arbeit gekommen wären.“ Stattdessen verhielt man sich auch auf die letzten Meter professionell.

Foto: Elizeu Dias

Die gute Nachricht für Betroffene vorweg: Es gibt noch viele Jobs im Markt, selbst Startups stellen weiterhin Leute ein. Man kann die Entlassungswelle also ziemlich gut surfen. Und dazu betrachten wir die derzeitige Phase mal aus verschiedenen Blickwinkeln.

Was können CEOs tun?

Oberstes Gebot: Wer im Daily Business auf harmonische Familie macht, sollte das auch in den letzten gemeinsamen Stunden durchziehen. Neumann hat sich für die Entlassungsgespräche viel Zeit genommen, saß teilweise bis in die frühen Morgenstunden mit einzelnen Mitarbeitenden im Büro, hat alle Fragen beantwortet, ihre Emotionen aufgefangen. Ist dieser Schritt getan, gibt es mehrere Handlungsoptionen, die man sich natürlich schon im Vorfeld überlegt.

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