Leadership & Karriere Rechtsanwältin Janina Möllmann: „Studien belegen: Diverse Teams sind erfolgreicher“

Rechtsanwältin Janina Möllmann: „Studien belegen: Diverse Teams sind erfolgreicher“

Gibt es nicht wenigstens etwas Verbesserung?

Ich habe festgestellt, dass viele Kanzleien das Thema  –  zumindest öffentlich – ernster nehmen und vereinzelt Veränderungen angestoßen werden. Da diese sich aber offenbar nicht in den Zahlen der Beförderungen niederschlagen, handelt es sich hierbei leider zu oft um Lippenbekenntnisse und leeres Marketing. Es hilft nichts, wenn wir drei Mal im Jahr ein Women Lunch veranstalten, aber nichts an unserem Recruiting-Verhalten oder den alltäglichen Arbeitsbedingungen ändern. Im Gegenteil können solche Initiativen häufig auch eher gefährlich sein. Es kann schnell zum Trugschluss kommen, dass Frauen mehr Karrierechancen hätten und man das dafür Notwendige schon getan habe.

Was macht ihr in eurer Kanzlei anders als andere Kanzleien in Deutschland?

Wir funktionieren strukturell grundlegend anders als die meisten Wirtschaftskanzleien in Deutschland. Wir sind nicht als Partnerschaft strukturiert und sowohl Gewinnbeteiligung als auch Führungsverantwortung hängen damit nicht an einer Partnerwahl. Unsere Kanzlei ist mit einer wertegetriebenen Unternehmenskultur aufgebaut, die Ellenbogenmentalität vermeidet und eine tatsächliche Frauenförderung ermöglicht. Der Erfolg bei unserer Frauenquote gibt uns hier bislang Recht, auch wenn wir natürlich hoffen, noch mehr erfahrene Frauen von unserem Konzept überzeugen zu können. Da sind wir sicherlich noch nicht am Ende der Entwicklung angekommen.

Wie förderst du konkret Gleichberechtigung in eurer Kanzlei?

Wir fördern Diversity und Gender Equality seit unserer Gründung. Das beginnt bereits beim Recruiting. So achten wir bei Neueinstellungen darauf, dass wir uns stets in einem 50:50 Verhältnis zwischen Männern und Frauen bewegen. Das kann durchaus – und dies ist in der Vergangenheit auch schon vorgekommen – zu einem Einstellungsstopp für männliche Kandidaten führen. Ein weiterer Aspekt sind Schulungen. Wir sensibilisieren unsere Mitarbeitenden aktiv und setzen uns zusammen in Firmen-Offsites zum Beispiel mit unseren unconscious biases auseinander.

Wie geht ihr die Schulungen und Offsites an?

Dazu holen wir uns professionelle Unterstützung und haben unter anderem schon mit der Albright Stiftung zusammengearbeitet. In den Schulungen haben wir unter anderem gelernt, welche Maßnahmen im Alltag wirklich helfen, aktiv Frauenförderung zu betreiben. So ist es bei uns zum Beispiel grundsätzlich nicht akzeptabel, dass eine Gruppe von Männern alleine zu Networking Events fährt. Hier müssen immer auch weibliche Kolleginnen dabei sein. Dies gilt ebenso bei der Verteilung prestigeträchtiger Mandate.

Was muss sich jetzt in der Rechtsbranche ändern? Wie können sich Kanzleien von heute auf morgen engagieren?

Es darf nicht bei einzelnen losgelösten Maßnahmen bleiben. Kanzleien sollten sich die Frage stellen: Was müssen wir tun, damit unser Arbeitsumfeld wirklich langfristig gleichberechtigt gestaltet wird? Das sollte auf oberster Führungsebene geschehen, die die Verantwortung auch unmittelbar übernehmen muss. Andernfalls sind wirkliche Veränderungen nicht zu erwarten. Ebenso sollten Kanzleien auf externe Unterstützung setzen.

„Diverse Teams sind erfolgreicher“

Tatsache ist: Ungleichbehandlung passiert oft unbewusst. Es ist deshalb schwierig, die Probleme lediglich aus seiner eigenen Wahrnehmung heraus anzugehen. Vielleicht gibt es gut gemeinte Initiativen, die aber letztlich an der vollkommen falschen Stelle ansetzen. Das sollten Kanzleiverantwortliche für sich herausfinden. Dass sich die Investition lohnt, steht jedenfalls außer Frage. Sämtliche Studien belegen: Diverse Teams sind erfolgreicher.

Was ist gerade das Schönste an deinem Job?

Schön ist es, nun in einem Umfeld zu arbeiten, in dem ich mich als Frau nicht mehr als Sonderling fühlen muss. Ich hätte vorher nicht gedacht, dass sich dies so stark auf mein Energielevel und die Möglichkeit zur Umsetzung eigener Ideen auswirken würde. Dazu beigetragen hat sicherlich auch, dass ich aus der Kanzlei heraus Gaia Technologies – ein Legal Tech Unternehmen – gegründet habe.

Und das anstrengendste?

Anstrengend bleibt aber weiterhin, das Thema Frauenförderung in Kanzleien auch außerhalb von PXR voranzutreiben. Obwohl die Zahlen hier immer noch desaströs sind, stößt man hier oft noch auf generellen Unwillen, über Veränderungen zu sprechen.

Welche Tipps gibst du allen angehenden Anwältinnen oder denen, die noch überlegen, ob sie diesen Berufsweg einschlagen sollen?

Lasst euch nicht entmutigen, den Job zu wählen, der für euch inhaltlich am spannendsten ist. Auch Frauen können selbstverständlich großartige Transaktionsanwältinnen sein. Wenn die Entscheidung gefallen ist, dann sucht euch ein Umfeld, in dem ihr die gleichen Chancen wie eure männlichen Kollegen bekommt. Ihr habt ein Recht darauf. Hier kann auch ein Blick in die Partnerernennungen der letzten Jahre in der entsprechenden Kanzlei helfen.

Wenn hier mehr Männer als Frauen ernannt wurden, dann fragt im Bewerbungsprozess nach den Gründen und lasst euch nicht abspeisen. Eure Zeit ist wertvoll und ihr solltet sie nicht in Kanzleien verschwenden, denen ihr erklären müsst, dass eure Tätigkeit genauso wichtig ist, wie die der männlichen Kollegen.

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