Life & Style Flexibilität macht krank?

Flexibilität macht krank?

Die Deutschen sind immer öfter krank. Oder melden sie es nur öfter den Arbeitgebenden, anstatt mit Halsschmerzen ins Office zu fahren? Denn Präsentismus – ein Phänomen, bei dem Angestellte arbeiten, obwohl sie krank sind – ist besonders hierzulande ein großes Problem, für das zum Glück immer mehr Awareness geschaffen wird.

Sei es nun das größere Verständnis für das Krankmelden oder tatsächlich die höhere Anzahl von Krankheitsfällen, in jedem Fall lag der Krankenstand in Deutschland 2023 zum zweiten Mal in Folge auf einem Rekordniveau, wie aktuelle Zahlen der DAK zeigen. Insbesondere mit psychischen Erkrankungen hatten die Deutschen im letzten Jahr stark zu kämpfen.

13 Prozent mehr Ausfälle wegen Krankheit gab es im letzten Jahr nach Auswertung der Daten von knapp 2,4 Mio. DAK-versicherten Beschäftigten. Andreas Storm, DAK-Vorstandschef, spricht diesbezüglich von einer besorgniserregenden Entwicklung: „Der Krankenstand hat 2023 einen neuen Höchststand erreicht. Auch wenn das Ergebnis nach den Erkältungswellen im Frühjahr und Herbst nicht überraschend kommt, ist es für die Wirtschaft alarmierend.”

Nur ein Drittel der Deutschen blieb 2023 gesund

Auf durchschnittlich 20 Fehltage pro Person sind die deutschen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Jahr 2023 gekommen. Der Krankenstand lag damit bei 5,5 Prozent – das bedeutet, dass an jedem Tag im Durchschnitt 55 von 1.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern krankgeschrieben waren. Nur 35,5 Prozent der deutschen Berufstätigen fielen im Jahr 2023 bei der Arbeit überhaupt nicht wegen Krankheit aus.

Hört man diese Zahlen, dann wirken sie auf den ersten Blick verwunderlich. So waren wir 2023 kaum mehr von den Auswirkungen von SARS-CoV-2 betroffen, trotzdem sind die Zahlen höher als in den Jahren während der Corona-Pandemie. Doch woran liegt das?

Hoher Anstieg psychischer Erkrankungen

Die meisten Krankheitstage sind auf Erkältungen und Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems zurückzuführen. Auf Platz drei folgen psychische Erkrankungen – mit einem erschreckenden Plus von 7,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Bereits 2022 war ein Anstieg psychischer Erkrankungen zu verzeichnen, mehr als 15 Prozent der Ausfalltage waren im Vorjahr durch psychische Erkrankungen begründet. Das entsprach 301 Krankheitstagen pro 100 Versicherten. Dieser Trend führt sich nun fort: 323 Fehltage pro 100 Beschäftigten gab es 2023 aufgrund von psychischen Erkrankungen.

Personalmangel als einer der wichtigsten Faktoren

Eine erschreckende Entwicklung, die Volker Nürnberg – Experte für betriebliches Gesundheitsmanagement – unter anderem auf veränderte Rahmenbedingungen in der Arbeitswelt zurückführt. So spricht Nürnberg davon, dass der Personalmangel zu einem höheren Krankenstand aufgrund von hohem Stress und Belastungen führt, da die weggefallenen Mitarbeitenden ersetzt werden müssen. Doch das ist ein Teufelskreis: Denn die kranken Angestellten müssen dann noch zusätzlich von den gesunden Kolleginnen und Kollegen ersetzt werden. Das führt zu noch mehr Stress und mehr psychischen Erkrankungen.

New Work als Gesundheitsrisiko?

Zusätzlich sieht Nürnberg eine hohe Verantwortung bei den Unternehmen und deren Invest in betriebliches Gesundheitsmanagement. Denn durch die Flexibilität von mobilem Arbeiten, Digitalisierung und New Work droht eine Überforderung. “Das betriebliche Gesundheitsmanagement muss hier zielgruppengerechte, niedrigschwellige Angebote machen, um die Mitarbeiterschaft präventiv zu unterstützen”, so Nürnberg. Die Mitarbeitenden mit den Entwicklungen alleine zu lassen, kann demnach auch zu psychischen Herausforderungen und Erkrankungen führen.

Auch kann der Job mit Sinn, nach dem insbesondere jüngere Generationen heutzutage gezielt suchen, schnell zum Burnout führen. “New Workaholics” arbeiten sich “kaputt”, wenn ihre Arbeit sehr sinnhaft ist und deshalb eine (zu) hohe Motivation herrscht. Die New Work-Kultur kann also auch dahingehend leicht zum Gesundheitsrisiko werden.

Pflegeberufe am stärksten betroffen

Wie zu erwarten, waren bestimmte Berufsgruppen mit hohem Personalmangel und Belastungen im letzten Jahr stärker von Krankheitswellen betroffen. So lagen die Krankenstände in der IT und der Kommunikationstechnologie mit 3,7 Prozent deutlich unter dem allgemeinen Durchschnitt. In Pflegeberufen sah das ganz anders aus. In der Altenpflege lagen die Krankenstände mit 7,4 Prozent und in der Kinderbetreuung mit 7 Prozent weit über dem Durchschnitt.

Allerdings ist aus den Zahlen nicht ersichtlich, welche Rolle Faktoren wie Homeoffice und flexible Arbeitszeiten spielen, wenn es um das Krankmelden geht. Denn wenngleich ein Erzieher mit Schnupfen nicht in den Kindergarten kommen sollte, kann die Social Media Managerin auch bei leichtem Kratzen im Hals problemlos ihren Job von zu Hause aus ausführen. 

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