Innovation & Future „Wir können mit der Schnelltest-to-go-Software eine sichere Lösung bieten“

„Wir können mit der Schnelltest-to-go-Software eine sichere Lösung bieten“

Tübingen geht in Sachen Corona seit Mitte März mit dem Modellprojekt einen Sonderweg: Wer einen negativen Test hat, darf in Cafés, Einzelhandelsgeschäfte, Museen und Kinos. Damit Fachpersonal das Testergebnis prüfen kann, gibt es ein Armband mit QR-Code. Hinter der Software steckt Doctor Box. Das Startup hat bereits mit einem anderen Produkt Erfahrungen damit, die Digitalisierung in der Gesundheitsbranche voranzutreiben.

Im Interview erklärt Gründer Oliver Miltner, wie es zur Idee der Schnelltest-Software kam, warum die Personendaten dort sicher sind und ob ihre Software eine deutschlandweite Lösung sein könnte.

Herr Miltner: DoctorBox ist eine digitale Gesundheitplattform. Können Sie die App kurz in einem Elevator-Pitch vorstellen?

Ich bin Orthopäde und Unfallchirurg. Aus meiner Praxis kenne ich das Problem gut: Viele Patient:innen kommen mit gar keinen oder sehr unvollständigen Befunden zur Behandlung. Doctor Box ist eine digitale Gesundheitsplattform, die alle wichtigen Daten und Dokumente an einem zentralen Ort speichert und organisiert: Röntgenbilder, Blutwerte oder den Impfpass. So behält man selbst alles im Überblick und Ärzt:innen können optimal behandeln.

Außerdem kann man die eigene Gesundheitshistorie in einer Timeline anzeigen lassen, sich an die Medikamenteneinnahme oder den nächsten Arzttermin erinnern lassen. Die Daten werden verschlüsselt gespeichert, sodass niemand Externes Zugriff darauf hat.

Jetzt hat DoctorBox eine Schnelltest-Software auf den Markt gebracht: Wie kam es zu der Idee?

Mit der digitalen Gesundheitsplattform konnten wir bereits die Infrastruktur und den extrem hohen Datenschutz gewährleisten, den es für die Verarbeitung von Gesundheitsdaten erfordert. Wir haben also schon eine lange Expertise auf dem Gebiet.

Mit dem Beginn der Corona-Pandemie war klar, dass nun Softwarelösungen gebraucht werden, die einerseits die Abläufe im Testzentrum optimieren und gleichzeitig das Thema Datenschutz ernst nehmen. Wir können mit der Schnelltest-to-go-Software eine sichere Lösung bieten, die auch für die Entdeckung von Infektionsketten einen wichtigen Beitrag leistet. 

Negativ getestete Menschen bekommen ein Bändchen mit QR-Code fürs Handgelenk. Können Sie das Prinzip kurz erläutern?

Personen lassen sich in den Testzentren testen und erhalten einen individuellen QR-Code, welcher in die Doctor Box-App eingelesen wird. So kann man das Testergebnis umgehend nach der Auswertung erhalten. Das Testresultat kann aber auch ohne App via Webpage abgefragt werden. Je nach Bedürfnis, zum Beispiel bei Veranstaltungen, bekommen getestete Personen einen individuellen QR-Code, welcher als Bändchen ums Handgelenk getragen wird.

Dieser Code ist zum Beispiel für 24 Stunden gültig, in der Zeit kann diese Person sicher in Restaurants oder zu Kultur- und Sportveranstaltungen gehen. Das Prinzip hat aber nicht zwingend mit Öffnungen zu tun. Es ist genauso möglich, das Bändchen so einzusetzen, dass die Leute auch bei einer hohen Inzidenz zum Beispiel in den öffentlichen Verkehrsmitteln geschützt sind. Der QR-Code lässt sich dann einfach von Busfahrer:innen per Smartphone mit der Foto-App scannen und sie sehen sofort, ob das Ergebnis negativ ist.

Die Software wird beispielsweise von der Stadt Tübingen genutzt. Was hat die Stadt von Ihrer Schnelltest-Software überzeugt?

Tübingen hat als Modellprojekt früh begonnen viel zu testen. Als dann mit dem Tagesticket erste Öffnungsschritte gegangen wurden, war schnell klar, dass das händisch auszufüllende Papierticket keine dauerhafte Lösung sein kann. Unsere Lösung mit dem Einlassband und QR-Code hat aufgrund der Schnelligkeit aber auch der Fälschungssicherheit sofort überzeugt. 

©Michael Hundt

Das Thema Datenschutz spielt in Deutschland eine große Rolle. Welche Daten sind einsehbar, wenn der Code gescannt wird?

Im QR-Code auf dem Bändchen ist nur enthalten, ob man positiv oder negativ getestet ist sowie wo und wann der Test gemacht wurde. Das ist ganz wichtig: Man hat nie die Verbindung zwischen Personendaten und Testergebnis, was ja immer ein Risiko für den Datenschutz darstellt. 

Was wird für den Datenschutz der Verbraucher:innen getan?

Im Testzentrum wird eine Verifikation durchgeführt, bei der man die persönlichen Daten angeben muss, um getestet zu werden. Diese Daten werden nur temporär und lokal gespeichert. Wenn das Testergebnis positiv ist, wird es an das örtliche Gesundheitsamt gesendet. Bei einem negativen Ergebnis werden die Daten direkt gelöscht.

Das Armband ist nur mit einer Test-ID verknüpft, die allein den Testzeitpunkt, -ort und das Ergebnis hinterlegt hat. So sind die Daten auf dem Armband immer anonym und personenbezogenen Daten können von niemandem ausgelesen werden. Zudem bieten wir höchste Sicherheit beim Datenschutz: Doctor Box ist ISO 27001 & 9001 zertifiziert, die Daten werden nur auf deutschen Servern gespeichert.

Kann man die Codes auch einfach fälschen?

Eine Fälschung ist nicht möglich, weil jeder Person nur ein QR-Code zugeordnet wird und man den mit dem Bändchen ums Handgelenk bekommt. Das ist tatsächlich die einfachste und sicherste Lösung, um das Testergebnis personengebunden und fälschungssicher nach draußen zu bringen. 

Oliver Miltner. ©Doctor Box

Der QR-Code am Handgelenk: Könnte das eine deutschlandweite Lösung sein?

Mit der Software haben wir ja ein Produkt entwickelt, das skalierbar ist. Was es dazu braucht, ist die Infrastruktur der Testzentren. Wenn die gegeben ist, wäre es theoretisch überall möglich, die Schnelltest-to-go-Software einzusetzen.

Wie zeigen sich die Kommunen in Gesprächen gegenüber der Software?

Wir haben zur Zeit mehr als 400 Testzentren mit unser Software ausgestattet. Dazu gehören aber auch Kommunen und Städte wie Stuttgart oder Böblingen, die jeweils wieder mehrere Testzentren betreiben. Die Nachfrage ist extrem hoch, da ja alle eine Möglichkeit suchen, wie wir aus der Krise rauskommen. Schnelltests mit einer sicheren digitalen Lösung ist dabei nur ein Parameter, um Infektionsketten frühzeitig zu unterbrechen. Zur Pandemiebekämpfung braucht es aber mehrere Maßnahmen, die alle zusammen wirken.

So sieht das Testergebnis der Software aus ©Doctor Box

Wenn DoctorBox so einfach ist – wieso ist die Politik dann so zögerlich?

Der Gesundheitsbereich ist ja in Sachen Digitalisierung nicht gerade ganz weit vorne dabei. Ich denke, dass sich da sicherlich viel getan hat, aber für das System der Digitalisierung, und was das alles bringen kann, noch viel Arbeit geleistet werden muss, um alle mitzunehmen. 

Corona-Warn-App, Luca und jetzt auch noch die Software von Doctor Box: Wie können Verbraucher:innen einen Überblick behalten?

Luca ist ja eine App zur Kontaktnachverfolgung, das ist quasi ein Schritt danach. Wir machen uns über den Weg davor Gedanken, wie es schon gar nicht zu einer weiteren Ansteckung kommt und Infektionsketten unterbrochen werden können. Die Schnelltest-Ergebnisse von Doctor Box werden übrigens ab Ende April in der Corona-Warn-App der Bundesregierung integriert und somit die Prävention mit der Kontaktnachverfolgung verknüpft.

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