Life & Style Björn Döring: „Popkultur ist für mich nicht nur ein Nerdytum“

Björn Döring: „Popkultur ist für mich nicht nur ein Nerdytum“

Songs werden immer kürzer, gemessen wird Erfolg in Reichweite – wurden früher noch viele Preise im TV verliehen, dreht sich in der Musikbranche heutzutage viel um Downloadzahlen. So zumindest der Eindruck. Björn Döring, Kulturmanager, Journalist und PR-Berater, setzt mit seine Agentur Büro Döring lieber auf Live-Events – und das trotz des digitalen Schubs, den Corona mit sich gebracht hat. Unter anderem veranstaltet er den Preis für Popkultur.

Wir haben mit ihm über seinen Einstieg in die Branche gesprochen, ob Netflix als Kultur gilt und was Preise heutzutage noch wert sind.

Björn, ich habe während der Recherche über dich auf deiner Webseite gelesen, dass ein waghalsiges Bewerbungsschreiben dich zum Journalismus geführt hat. Erzähl mir mehr dazu. 

Das liegt tatsächlich schon im Giftschrank, weil es tatsächlich gegen mich verwendet werden kann (lacht). Ich habe beim Bewerbungsschreiben ausprobiert, wie viele verschiedene Schriften es in Word gibt und dann noch versucht, wie das aussieht, wenn man mit diesen unterschiedlichen Schrifttypen das Bewerbungsschreiben gestaltet. 

Wie genau? 

Ich habe nahezu jedes Wort in einer anderen Schriftart geschrieben. 

Und damit warst du erfolgreich?

Das hat zumindest zur Erheiterung, zur Ignoranz und zu ein paar Einladungen zu Gesprächen geführt.

Würdest du das heute noch empfehlen, um auf sich aufmerksam zu machen?

Ich würde auf jeden Fall empfehlen, etwas zu machen, was kein Standard-Bewerbungsschreiben ist. Als Geschäftsführer einer Agentur, der einige Bewerbungsschreiben kriegt, schaue ich, was in der Vita interessant ist und was vom gängigen Pfad abweicht. Ich achte darauf, wer eine spannende Geschichte zu erzählen hat. Meistens schaue ich zuerst auf Hobbies und auf das soziale Engagement.  

Wenn das so ist: Zählt Netflix als Hobby?

Kommt drauf an, was man schaut. Wenn ich Woodtsock’99 gucke, ist es berufsbildend. Ich sehe es jetzt nach den letzten zweieinhalb Jahren als meine Mission, Leute davon wegzubringen in Jogginghose auf dem Sofa zu sitzen, Netflix zu gucken und zu denken, das sei Kultur. Deswegen organisiere ich Veranstaltungen wie den Preis der Popkultur. 

Björn Döring ©Christoph Mangler

Was ist denn für dich Popkultur?

Popkultur ist für mich nicht nur ein Nerdytum, sondern etwas, was viele Leute erreicht. Womit ich mich beruflich beschäftige ist: Wie hole ich Menschen bei Sachen ab, die sie schon kennen und wie können sie bei Veranstaltungen Dinge sehen, die sie noch nicht kennen. Damit sie sich auf etwas unbekanntes einlassen, was eine popkulturelle Sprache spricht. 

Popkultur ist ein schnelles Medium, das in der Lage ist, zeitgenössische Strömungen in ein Kunstwerk umzuformen. 

Wieso sollte man heutzutage noch in der Veranstaltungsbranche gründen?

Den Preis für Popkultur veranstalten wir alle ehrenamtlich, neben Beruf und Familie. Das war eine Herausforderung. Es ist nicht gerade leicht inmitten der Wirtschaftskrise Sponsoren zu finden. Außerdem achten wir auch auf Diversity und wollen Newcomer:innen supporten, aber auch bereits bekannte Künstler:innen auszeichnen. 

Aber wieso eine Veranstaltung und kein virtuelles Event?

Kultur macht etwas mit Menschen, egal ob es ein Kinofilm ist, eine Lesung oder ein Konzert. Ich finde es toll, eine Plattform zu geben, auf der Menschen etwas erleben können und Emotionen erzeugt werden, die man in der Jogginghose vor Netflix nicht hat. Ich finde den Teil der Laudationen bei Preisverleihungen zum Beispiel besonders wichtig, da Menschen sich gegenseitig eine Wertschätzung in der Öffentlichkeit ausdrücken. 

Das ist eine tolle Geste, gerade in unserer Zeit, in der es nur wenige positive Worte gibt. Es ist aus meiner Sicht ein wichtiges gesellschaftliches Zeichen, zu zeigen, dass es uns wert ist, so viel Zeit in eine Veranstaltung zu investieren. 

Apropos wert: Was sind Preise heutzutage in einer Zeit, in der es viel um Reichweite und Downloads geht, noch wert? 

Dass eine Jury aus Fachmenschen den Preis aufladen. Wenn diese Menschen die Acts wählen, dann ist es eine emotionale Wertschätzung und ein Fachurteil. Und das sorgt für Aufmerksamkeit für Künstler:innen. Das ist wie bei Warhol: five minutes of fame. 

Was können wir von der Popkultur für unser Business lernen?

Die Geschwindigkeit, aktuelle Bewegungen zu integrieren, Engagement zu leisten und eine rebellische Haltung einzunehmen. Ich habe das Gefühl, dass seit 2016 wieder mehr politische Haltung aus der Kultur heraus kommt. Sei es Diversity, Gender-Equality oder Nachhaltigkeit. Der Konkurrenzgedanke wird hinter sich gelassen und politische Forderungen werden gemacht. Das erinnert mich an die Art Popkultur, wie ich sie aus den 80er-Jahren kenne. 

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