Leadership & Karriere Bragi: Das Ohr dieses Typen ist schlauer als du

Bragi: Das Ohr dieses Typen ist schlauer als du

Doch ein wichtiges Etappenziel auf dem Weg zum diskreten Assistenten ist erreicht. Investoren haben Bragi mittlerweile mit 20 Mio. Euro versorgt, das Startup liefert in 35 Länder, hat Vertriebskooperationen mit Vodafone und Amazon. Bragi arbeitet seit dem ersten Verkaufstag profitabel und wird bis Jahresende voraussichtlich mehr als 600 000 Exemplare von The Dash absetzen. Aus der Idee eines Gadgets, das Menschen hilft, ist in nur drei Jahren eine Hightech-Firma mit 140 Mitarbeitern entstanden. Die meisten sitzen in München, dazu hat Bragi Büros in Hongkong und Chicago. Das Unternehmen wächst schnell. Hviid plant, 2016 insgesamt 100 neue Leute einzustellen. Ein derart prosperierendes Hardware-Startup wie Bragi würde man eher im Silicon Valley vermuten. Aber einen Umzug in die USA wollte Hviid seiner Familie nicht antun. Ursprünglich sollte auch die Produktion von The Dash in Deutschland stattfinden. Doch das sei an der Komplexität des Produkts gescheitert. Der Minicomputer besteht aus etwa 300 verschiedenen Einzelteilen und vereint zahlreiche Funktionen auf engstem Raum – das macht es ohnehin schwierig, Anbieter zu finden, die das Gerät in großer Stückzahl herstellen können. In Deutschland hätten sie nur Absagen bekommen.

Grundsätzlich ist Hviid mit seiner Standortwahl jedoch zufrieden. Zwar nervt ihn die mangelnde Investitionsbereitschaft der Deutschen, doch für Bragi sei München ein guter Ort, „eine Stadt, in der man Sachen baut“. Es würde hier viele Firmen geben, deren Know-how für Bragi relevant ist: die Chiphersteller Infineon und Intel zum Beispiel oder Aerospace Embedded Solutions, dessen Wissen über Software und Algorithmen ihn interessieren. Und im Süden sitzen Biotechunternehmen, die sich mit Medizintechnik auskennen. Hviid möchte gerne mit einigen dieser Firmen kooperieren. Momentan profitiert er vor allem von qualifizierten Mitarbeitern, die von anderen Unternehmen zu Bragi wechseln. Anderswo könnten seine Leute mehr verdienen, schätzt Hviid. Aber in seiner Firma hätten sie ein großes gemeinsames Ziel. „Die Leute hier wissen, dass sie an -etwas arbeiten, was Menschen helfen soll.“ Was zumindest erklären würde, warum sie freiwillig so viele Überstunden und Wochenendschichten schieben.

Die Passion, die absolute Hingabe, dieses ganze Blabla, das so zum Startup-Klischee gehört wie Kickertisch und Bierkästen. Bei Bragi wirkt es, als seien sie tatsächlich von einem besonderen Geist beseelt: „Die Company ist wie meine Religion“, sagt etwa Lorena Poy aus Bragis Presseabteilung. Anca Romanov, Informatikerin aus Rumänien, die vorher viele Jahre beim Weltkonzern Continental war und seit Anfang April an der Testinfrastruktur für The Dash arbeitet, spricht von „Liebe auf den ersten Blick“. Marcus Holmberg, als Head of Audio für die Klangqualität von The Dash verantwortlich, nennt Bragi den „coolsten Platz der Welt“.

Dass selbst Informatiker und Ingenieure derart ins Schwärmen geraten, liegt wohl daran, dass sie in ihrem Chef so etwas sehen wie Steve Jobs und Steve Wozniak in einer Person: „Nikolaj ist einer der wenigen Menschen, die nicht nur anders denken als die Masse und von einer starken Vision angetrieben werden, sondern auch die Technik verstehen, mit der man ihre Vision umsetzen kann“, sagt Holmberg. Hviid will nicht nur seine eigenen Visionen verwirklichen. Er erwartet auch von seinem Team, dass es das Startup vorantreibt. Jeden Freitag sollen seine Mitarbeiter mit Kollegen an eigenen Ideen arbeiten. Bisher klappt das eher mittelmäßig. Besonders die Neuen müssen sich erst noch an die Arbeitskultur gewöhnen. Viele von ihnen haben vorher in großen Konzernen gearbeitet, in denen nie erwartet wurde, dass sie sich kreativ einbringen. Oder, wie Hviid es formuliert: „Die müssen erst mal den grauen Schleier über ihren Ideen lüften.“ Der dänische Gründer verfällt schnell mal ins Poetische. Bragi heißt in der nordischen Mythologie der Gott der Dichtkunst, der die gefallenen Helden in Walhall mit Musik und Liedern empfängt. Der Firmenname umschreibt also ganz gut, was Hviids diskreter Assistent einmal sein soll für seine Kunden respektive Mitreisenden.

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