Life & Style Moritz Fürste: „Ich bin erst anderthalb Jahre nach der Gründung mit Feuer ins Büro gegangen“

Moritz Fürste: „Ich bin erst anderthalb Jahre nach der Gründung mit Feuer ins Büro gegangen“

Badminton-Profi Marc Zwiebler, Basketballer Ademola Okulaja und Hockeyspieler Moritz Fürste haben eines gemeinsam: Sie haben gegründet – Platzverweise vom Spielfeld ins Büro quasi. Kein ungewöhnlicher Werdegang.

Thomas Berlemann, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Deutsche Sporthilfe, sagte im Gespräch mit uns mal: „Eine zweite Karriere aufzubauen ist für fast alle Sportler:innen alternativlos, egal, ob sie aus dem Rudern, Hockey, Eisschnelllauf, Rodeln, Schwimmen oder der Leichtathletik stammen.“ 

Der zweifache Olympiasieger und Spieler der deutschen Nationalmannschaft, Moritz Fürste, hat direkt eine neuen Sportwettkampf ins Leben gerufen: Hyrox. Es handelt sich dabei um ein Indoor-Event das aus Laufeinheiten und Übungen besteht wie Lunges mit Sandsäcken oder Rudern am Ergometer. Antreten kann man alleine oder als Team.

Wir haben mit ihm über die Gründung gesprochen und welche Sport-Skills ihm dabei geholfen haben.

Moritz, ich habe über dich gelesen, dass du während deiner Zeit als Hockey-Spieler im Jahr 2015 für 106.000 Dollar in der indischen Liga getradet wurdest.

Ich habe für die Saison 106.000 Dollar bekommen – brutto. Das ist viel Geld, aber das habe ich drei Mal in 15 Jahren verdient und den Rest der Zeit quasi gar nichts. Die Zeit war insgesamt nicht profitabel. Hockeyspieler verdienen weniger als die Frauenfußballerinnen. Bei uns kommen keine 100.000 Zuschauerinnen und Zuschauer, deswegen können uns die Vereine nicht gut bezahlen. 

Jetzt hast du nach deiner Sportlerkarriere eine neue begonnen: Hyrox. Wie bist du auf die Idee gekommen, eine neue Sportart zu gründen? 

Mein Co-Gründer Christian Tötzke hatte den Kerngedanken bereits vor unserer Gründung. Er wollte einen modernen Trimm-Dich-Pfad kreieren: Laufen, Übung, Laufen, Übung – das aber als Sportart mit Competiton. Wir haben dann gemeinsam mit Michael Trautmann die Idee weiterentwickelt. Wettkampfsport im Fitnessbereich existierte bis zu dem Zeitpunkt nämlich noch nicht. Diese Lücke schließen wir jetzt. 

„Viele wissen nicht, dass ihnen der Wettkampf fehlt“

Moritz Fürste

Welche Rolle hattest du während der Gründung von Hyrox?

Von mir stammt der Name Hyrox. Aber wir haben sechs Monate das Konzept zusammen erarbeitet. Wir haben über die Workouts diskutiert, uns über das Setup unterhalten: Lassen wir den Wettkampf drinnen stattfinden oder draußen? Per Zufall haben wir festgestellt, dass es derbe schlau ist, die Events in der Halle stattfinden zu lassen, weil wir sie dann zwischen Oktober und Februar veranstalten können. In dieser Zeit gibt es kaum Marathons oder Triathlons. So sind wir antizyklisch zu anderen Fitnesssportarten. 

Momentan ist ja eher die Stimmung in der Gesellschaft, dass Sport einfach zum Bewegen da ist. Ihr bringt den Wettkampfgedanken in die Fitnessstudios. Wieso?

Das ist eine unserer größten Herausforderungen. Viele wissen nicht, dass ihnen der Wettkampf fehlt. Ich glaube, wenn mehr Menschen wüssten, dass es eine Wettkampfsportart im Fitnessbereich gibt, es für sie eine zusätzliche Motivation wäre, sich fit zu halten. Es gibt aber natürlich auch Menschen, die sich nicht messen wollen. 

Für die Wettkampfvorbereitung für Hyrox kooperiert ihr mit einigen Fitnessstudios. Wie profitieren die davon?

Die meisten Fitnessstudios sind für ihre Mitglieder austauschbar. Viele Menschen gehen ins Studio um die Ecke oder in das günstigste. Die wenigsten fahren 45 Minuten, um in ein Fitnessstudio zu gehen, anders als beim Sportclub. Das ist ein Problem für Fitnessstudios. Mit Hyrox kreieren wir eine Form von Community. Community-Buidling ist für unsere Marke unfassbar entscheidend. 

Ihr löst also das Marktproblem für Fitnessstudios und gebt Fitness-Fans eine Wettkampfmöglichkeit? 

Wir wollen Menschen zum Sport bewegen. Zum Beispiel treten bei uns auch viele Frauen an, zu zweit mit ihrer besten Freundin oder ihren Partnern und Partnerinnen, und trainieren vorher zusammen im Gym. Das Schöne ist, dass man auch nicht zwingend das gleiche Fitnesslevel für den Wettkampf braucht, sondern sich gegenseitig unterstützen kann im Double. Unsere Mixed-Teams sind ein Alleinstellungsmerkmal im Sportwettkampf.

In einem anderen Interview hast du mal gesagt, du würdest jungen Profisportler:innen raten, frühzeitig an die Karriere nach der Karriere zu denken. Wann genau war das bei dir der Fall? 

Beim Hockey weiß man von Beginn an, dass man nach der Profisport-Karriere finanziell nicht ausgesorgt haben wird. Man muss sich Gedanken um einen Plan B machen. Ich habe nach meinem Master halbtags, neben dem Training, in einer Agentur gearbeitet. 2017 habe ich dann gegründet. Das war nachdem ich meine Karriere in der Nationalmannschaft beendet habe. Aber ich habe noch ein Jahr danach in der Bundesliga in Deutschland gespielt. Es lief alles schon sehr parallel.

Wie ist das, wenn man erfolgreich im Sport ist und dann plötzlich 9-to-5 im Büro sitzen muss? 

Mein ultimatives Ziel war schon immer, auch im Berufsleben erfolgreich zu sein. Das hat auch materielle Gründe. Ich wollte meiner Familie und mir Sachen ermöglichen. Ich spreche nicht von Booten oder Flugzeugen, sondern von Urlauben und vernünftigem Wohnen. Ich bin teilweise nach olympischen Spielen, nachdem ich eine Goldmedaille gewonnen habe, sechs Tage später mittwochs acht Stunden im Büro gesessen. Mir ist da nie ein Zacken aus der Krone gebrochen.

Ich habe mir im Büro aber schon gewisse Freiheiten genommen. Zum Beispiel bin ich erst um 11 Uhr gekommen, wenn ich am Abend vorher lange Training hatte. Es war wichtig, den Kolleginnen und Kollegen im Büro auch von meinem Sport zu erzählen. Viele wussten zu Beginn nicht, dass ich auch Hockey-Spieler bin. Manche dachten: Wer ist der Idiot, der erst mittags kommt? Die meisten Kolleginnen und Kollegen haben das aber auch verstanden.

„Du lernst als Sportler auf allen Ebenen zu priorisieren“

Moritz Fürste

Was sind drei Eigenschaften aus dem Profisport, die dir beim Gründen geholfen haben?

Das Erste ist auf jeden Fall Feedback-Kultur. Nirgendwo lernst du härter und schneller mit Kritik umzugehen als im Sport. In meiner Sportart habe ich mit acht Jahren das erste Mal gehört, dass etwas Scheisse war, das ich gemacht habe. Knallhart. Man muss früh lernen, direktes Feedback richtig aufzunehmen. Das zieht sich durch die gesamte Sportkarriere durch. 

Das Zweite ist Teamfähigkeit, in einer Gruppe zu arbeiten und Empathie für andere zu empfinden. Das war auch immer meine Stärke in der Mannschaft. Ich war ganz gut darin, dafür zu sorgen, dass die Gruppe zusammen funktioniert. 

Das Dritte ist das Thema Priorisierung. Du lernst als Sportler auf allen Ebenen zu priorisieren. Hockey war finanziell kein Profisport. Ich habe neben der Karriere ein duales Studium absolviert. Ich hatte immer Beruf, Uni und Sport parallel zu managen. Hätte ich versucht, alles mit 33,3 Prozent zu machen, wäre ich in allem schlecht gewesen. Ich musste für mich selbst priorisieren, wann ich 100 Prozent Hockey mache, wann 80 Prozent Uni und wann 100 Prozent Job. Das waren immer unterschiedliche Phasen. Beim Priorisieren gehört dazu, okay damit zu sein, wenn einen Bereich nicht so gut zu verfolgen. 

Was war für dich dein größter Fuckup-Moment als Sportler und als Gründer? 

Ich hab einen Satz neulich gehört, an dem viel Wahres dran ist: „Als Profisportler stirbt man zwei Mal.“ Ein Beenden der Sportlerkarriere ist ein Ende. Zumindest in meinem Fall, nicht für Fußballer. Die gehen ins TV. Nach dem Hockey-Sport geht man ins Büro. Das ist schon hart. Ich bin erst anderthalbe Jahre nach der Gründung mit Feuer ins Büro gegangen. Ich kam aus einer ganz anderen Leidenschaft. 

Du hast anderthalb Jahre gebraucht, diese neue Leidenschaft zu finden. Wie hast du es geschafft, dich für deinen neuen Job zu begeistern?

In der Zeit, in der ich die Leidenschaft nicht so gespürt habe, habe ich den Bürojob schon lockerer genommen. Die Konsequenz war, dass ich nicht Vollgas gegeben habe und ich zu wenig gearbeitet habe. Ich habe am Anfang alle Events mitgenommen, weil ich da noch als Sportler wahrgenommen wurde und das schön war. Irgendwann habe ich aber für mich dieses unternehmerische Feuer gefangen und gesehen, dass, wenn ich das richtig mache, wieder erfolgreich sein kann. Das, was ich als Hockeyspieler für den Sport empfunden habe, fühle ich jetzt für Hyrox. Das war das Wichtigste für mich überhaupt. 

Das könnte dich auch interessieren

Warum Deutschlands oberster Streikführer Weselsky US-Präsident John F. Kennedy liebt Life & Style
Warum Deutschlands oberster Streikführer Weselsky US-Präsident John F. Kennedy liebt
Studie zeigt: Der Schlüssel zum Glück liegt in guten Beziehungen Life & Style
Studie zeigt: Der Schlüssel zum Glück liegt in guten Beziehungen
6 Tipps gegen Müdigkeit im Job: Wie bleiben wir fit? Life & Style
6 Tipps gegen Müdigkeit im Job: Wie bleiben wir fit?
Irland macht Ernst: Wie man dort ab 2026 die Bürger vor Alkohol schützen will Life & Style
Irland macht Ernst: Wie man dort ab 2026 die Bürger vor Alkohol schützen will
Wenn das Auswandern nicht für ewig ist Life & Style
Wenn das Auswandern nicht für ewig ist