Life & Style Florian David Fitz: “Wir sollten nicht denkfaul werden. Wir sind einfach zu Tode bespaßt.“

Florian David Fitz: “Wir sollten nicht denkfaul werden. Wir sind einfach zu Tode bespaßt.“

Macht Konsum glücklich? Um diese Frage geht es in dem neuen Film "100 Dinge" von Florian David Fitz, der am 6. Dezember in die Kinos kommt. Wir haben mit ihm darüber gesprochen, wie Glück und Besitz zusammenhängen, warum wir ständig konsumieren müssen und über die „krasse Zeit, in der wir leben.“ Von Nicole Plich und Nele Spandick

Die Handlung im Film „100 Dinge“ ist simpel: Die zwei Startup-Gründer Tony (Matthias Schweighöfer) und Paul (Florian David Fitz) haben gerade ihre App, ein personalisiertes Assistenzsystem, an einen amerikanischen Investor verkauft. Auf der darauf folgenden Party schließen die besten Freunde betrunken eine Wette ab: Alles, was sie besitzen, wird eingelagert. 100 Tage müssen sie verzichten. Jeden Tag dürfen sie sich eine Sache wiederholen. Schon bald stehen sie vor existenziellen Fragen. Der Film basiert auf einem realen Experiment des Filmemachers Petri Luukkannen.

Florian, in „100 Dinge“ spielst du Paul, der ein totaler Sneaker-Liebhaber ist. Wie siehts denn im echten Leben bei dir aus – bist du ein Konsum-Junkie?

Nicht so richtig. Es gab mal eine Zeit, da hat mich das mehr interessiert. Wenn man jünger ist, ist man einfach froh, dass man sich seine eigenen Sachen kaufen kann. Aber mit dem Alter wird das ein bisschen weniger interessant. Dann fällt man auf so Slogans rein wie „Das hält jetzt für immer.“

Du auch?

Ja total. Ich gehe zum Beispiel Manufactum voll auf den Leim. Deren Trick ist halt zu sagen: „Du brauchst nur noch unsere Produkte und nie mehr was anderes. Wir sind der Ausweg aus dem Konsum.“

In dem Film geht es viel um die Frage, wie Glück mit Besitz zusammenhängt. Hast du darauf eine Antwort?

Ich will gar keine Antworten geben, sondern eher Fragen stellen. Ich glaube einfach, dass wir nicht drumherum kommen, uns immer mal wieder zu hinterfragen. Wach zu bleiben. Das ist eine ziemlich krasse Zeit, in der wir leben. Zum Beispiel die digitale Revolution. Wie reagieren wir darauf? Wir wissen alle, dass unsere Daten hergenommen werden und finden das alle so okay. Und vielleicht ist es am Ende auch okay, aber wir sollten nicht denkfaul werden. Wir sind einfach zu Tode bespaßt.

Was bedeutet dir Besitz?

Besitz ist ein sehr merkwürdiges Konzept. Auf welcher Grundlage behaupten wir, dass uns etwas gehört? Ich setze mich auf ein Stück Erde, das schon Milliarden Jahre existiert hat und sage: das ist jetzt meins. Das ist eigentlich doch totaler Bullshit. Das ist einfach eine Abmachung, die wir miteinander treffen, dass wir uns die Sachen nicht gegenseitig wegnehmen.

Bringt das nicht auch was?

Ja total. Besitz ist eben auch etwas Schönes. Meine Eltern hatten immer Sorge, dass ich nicht von meinem Job leben kann. Und da habe ich relativ früh eine Wohnung mit meiner Gage angezahlt. Und das war tatsächlich ein total krasses Gefühl. Mit Mitte 20 auf einen nicht ausgebauten Dachboden zu gehen und ihn sein Eigen zu nennen. Auch wenn Besitz eine völlig bescheuerte Idee ist, war es doch sehr, sehr schön.

Tony und Paul mit den ersten Dingen, die sich sich wiedergeholt haben. ©Warner Bros

In „100 Dinge“ befreist du dich quasi von allem was du hast: Wie setzt du im echten Leben ein Zeichen gegen den Konsum?

Ich will gar kein Zeichen gegen den Konsum setzen. Ich finde das zu platt und zu einfach. Seit die Menschheit miteinander Handel treibt, bekriegt sie sich weniger. Der Kapitalismus hat dafür gesorgt, dass es heute mehr Leuten gut geht, als jemals in der Geschichte zuvor. Das ist nicht so schwarz und weiß.

Und die negativen Seiten?

Von denen wissen wir alle. Es versteht ja niemand, warum es dieses dauerhafte Wachstum geben muss, obwohl die Erde nicht dauernd wachsen kann. Wir wissen, dass mittlerweile Bedürfnisse geweckt werden, von denen wir vor 20 Jahren noch keine Ahnung hatten. Wir müssen uns konstant zusammenreißen, weil Werbung uns so gut anspricht. Wir sind einfach immer hektisch.

Weshalb glaubst du, schaffen wir es nicht, einfach abzuschalten?

Als Kind habe ich das Deutsche Museum in München geliebt. Denn es gibt da so Schaukästen, wo man einen Knopf drücken kann und dann passiert was. Das ist das schönste Gefühl der Welt. Und im Prinzip ist unser Handy der konstante Knopf, auf den wir drücken können. Das Problem ist, wir drücken einen Knopf und es erscheint der nächste Knopf. Und dann schaust du dich um, und es ist ganz viel Zeit vergangen. Die ist dann einfach weg. Deswegen sollten wir immer kurz innehalten und nachdenken, ob wir das wirklich wollen.

Wie klappt das bei dir?

Beschissen. Ich renne eben auch konstant weiter. Aber ich glaube, ich kriege es ganz ok hin, immer mal wieder eine Außenperspektive einzunehmen.

Im Film arbeitest du ja in einem Startup. Wenn du ein Unternehmen gründen könntest, welches wäre es?

Also ich finde die Idee im Film schon ganz gut. Wir haben wirklich lange darüber nachgedacht. Es sollte eine App sein, die sofort jeder versteht und die auch irgendwie richtig toll ist. Die aber, wenn man länger darüber nachdenkt, urgefährlich wird.

Die App ist wie Siri, nur viel „menschlicher“ – sie hilft auf der einen Seite, Einsamkeit zu überwinden und Menschen glücklich zu machen, sammelt aber im Hintergrund wahnsinnig viele Daten. Da steckt viel Geld dahinter.

Die Leute geben ja jetzt schon ihre Daten her. Das ist das geringste Problem. Der Investor im Film macht ja deutlich, dass es ihm um etwas ganz anderes geht: Die App ermöglicht, in die Herzen der Menschen zu kommen. Die vergessen, dass die App ein Ding ist. Sie wird ihre beste Freundin. So gruselig kann eine Komödie sein.

Die ganze Idee von „100 Dinge“ basiert auf einer Wette. Was war privat die dümmste Wette, die du verloren hast? Und was war der Einsatz?

Ich habe den Vorteil, dass ich solche Sachen im Film machen kann und das nicht im echten Leben machen muss. Die letzte Wette war deswegen mit dem Filmverleih bei „Vincent will Meer“. Blödsinnigerweise habe ich da gewettet, dass der Film nie über 400.000 Zuschauer macht. Und als es dann mehr Zuschauer waren, war ich natürlich sehr glücklich, aber musste im März in den Eisbach in München springen.


Wer jetzt neugierig auf den Film geworden ist, hier der Trailer:

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